8BitPapa
Nich' lang schnacken, Kopp in’ Nacken

Nich‹ lang schnacken, Kopp in’ Nacken

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…ist das Mot­to mei­nes nagel­neu­en Soh­nes, wenn er die Brust oder das Fläsch­chen ein­for­dert. Dum­mer­wei­se ver­gisst er zwi­schen­drin, was er damit woll­te. Und so sitzt man da, wie ein Voll­idi­ot, 100 ml aller­feins­te Mut­ter­milch auf per­fek­te 36,7° C erhitzt, wäh­rend er sich lie­ber in die Fäus­te beißt, ins Gesicht boxt oder ein lau­tes Elek­tro­werk­zeug imitiert.

NPCs sind, abge­kürzt, die Non Play­er Cha­rac­ters, Neben­dar­stel­ler in Com­pu­ter- und Video­spie­len, die nicht vom Spie­ler, son­dern vom Spiel, von den pro­gram­mier­ten Bits und Bytes gesteu­ert wer­den. Der freund­li­che Huf­schmied im Wild­west-Rol­len­spiel und der schlecht schie­ßen­de Sturm­trupp­ler in der xten Star-Wars-Battle­fronts-Auf­la­ge. Am liebs­ten sind uns dabei die NPCs der »Escort Mis­si­ons«, der Begleit­mis­sio­nen. Das sind seni­le Erz­ma­gi­er, ver­wirr­te Wis­sen­schaft­ler oder die nach­zie­hen­de Fami­lie des Huf­schmieds. Sie sind alle­samt auf­fäl­lig geklei­de­te Papp­na­sen, die sich an einer offe­nen Lich­tung in Fein­des­ge­biet auf­stel­len und nach einem Ret­ter Aus­schau hal­ten. Man möge ihnen doch siche­res Geleit zu einem bestimm­ten Ort garan­tie­ren, denn auf dem Weg dort­hin lau­ern Schur­ken, Scha­ren von Orks oder Schwie­ger­müt­ter, die ihnen ans Leder wollten.

NPCs die­ser Kat­go­rie sind uns ein beson­de­res Ver­gnü­gen, denn, ist die Mis­si­on erst mal akti­viert, dann ste­hen sie nicht nur dumm her­um. Nein, sie lau­fen dumm her­um. Man beo­abch­tet, wie sie:

  • gegen Mau­ern und Wän­de sto­ßen. Immer. an. die­sel­be. Stelle.
  • sich in Türen stel­len, so dass nie­mand an ihnen vorbeikommt
  • auf der Stel­le laufen
  • alle fünf Sekun­den ver­bal ihren Auf­trag wie­der­ho­len, wie ein defek­ter Anrufbeantworter
  • einem stän­dig vor die Füße laufen

Das ist lus­tig und ner­vend zugleich und stellt die Ein­schrän­kun­gen der zugrun­de­lie­gen­den Tech­nik zur Schau.

Wie bei einem Kind.

Ich als unfah­re­ner Vater und wir als fri­sche Eltern sehen uns die­ser Tage einer ähn­li­chen Her­aus­for­de­rung IRL gegen­über. Mit dem Unter­schied, dass hier kein künst­li­ches Sys­tem eines unter­be­zahl­ten tai­wa­ne­si­schen Kel­ler­pro­gram­mie­rers am Werk ist, son­dern ein leben­di­ges Neu­ro­nen­bün­del im Baby­kos­tüm mit mei­nem Nachnamen.

Das ange­bo­re­ne NPC-arti­ge Sche­ma lässt sich schon früh beob­ach­ten, z. B. anhand die­ser ein­fa­chen Tutorialmission:

Nimm Nah­rung zu dir. So viel und oft wie möglich.

Klingt sim­pel.

Immer­hin wur­den zu die­sem Zweck eini­ge Mecha­nis­men geschaf­fen, die unmit­tel­bar nach der Geburt zur Ver­fü­gung ste­hen. Der Mund, das dahin­ter­lie­gen­de Saug­sys­tem, die Sen­so­rik zur Nah­rungs­fin­dung und der ner­ven­z­er­mür­ben­de Signal­ge­ber, falls die Sen­so­ren nichts fin­den und das gesam­te Sys­tem exter­ne Hil­fe auf sich auf­merk­sam machen muss.

All die­se Kom­po­nen­ten funk­tio­nie­ren her­vor­ra­gend. Jede für sich, und manch­mal alle gleich­zei­tig. Aller­dings, kurio­ser­wei­se, nicht im Zusam­men­spiel. Als hät­ten sich ver­schie­de­ne Pro­gram­mie­rer am Quell­text ver­sucht und ihr jeweils eige­nes inkom­pa­ti­bles Stück Spa­ghet­ti­code hin­ter­las­sen. Ein Beispiel:

Das Baby schreit. Macht »picken­de« Bewe­gun­gen. Öff­net den Mund und rollt mit der Zun­ge. Steckt sich geball­te Fäus­te in den Mund.

Offen­sicht­lich hat das Baby Hunger.

Mög­li­che Folgen:

  1. Beim Anle­gen an die Brust und Ando­cken an die Brust­war­ze ver­liert es nach drei Zügen das Inter­es­se und nickt ein.
  2. Nach dem Anle­gen und fünf ordent­li­chen Zügen zögert es kurz, sieht einem miss­trau­isch ins Auge und ent­leert unver­mit­telt Mund- und Mageninhalt.
  3. Lässt sich nicht an die Brust anle­gen, son­dern weint und schreit als hät­te es die Alb­traum­tit­te von Woo­dy Allens »Was Sie schon immer über Sex wis­sen woll­ten« vor Augen und möch­te lie­ber auf die Fla­sche umsteigen.
  4. Ver­wei­gert das Fläsch­chen mit erstaun­lich aku­ra­ten »Pfui Deibel«-Artikulationen.
  5. Ver­wei­gert das Fläsch­chen genau drei Mal, um dann beim vier­ten Ver­such unbe­schwert los­zu­sau­gen, als wäre es die­ses Mal das rich­ti­ge Fläschchen.
  6. (Hat plötz­lich statt­des­sen Bauch­schmer­zen oder Koli­ken, aber das ist ein ande­res The­ma für eine ande­re Geschichte.)

Das alles am bes­ten in einer End­los­schlei­fe, wie bei einem NPC.

Natür­lich steckt eine weit­aus kom­ple­xe­re Pro­gram­mie­rung dahin­ter und uns ist klar, dass vie­le Ver­hal­tens­mus­ter an eine seeeehr lan­ge Kon­di­tio­nie­rungs­pha­se gebun­den sind. Aber war­um? Soll­te man nicht mei­nen, dass Babys, deren Fee­ding­mus­ter Sinn machen, einen evo­lu­tio­nä­ren Vor­teil hät­ten gegen­über derer, die sich beim Anblick von Brüs­ten erst­mal weg­dre­hen und übergeben?

Wel­ches der Zwil­lings­ba­bys ist der Mut­ter wohl lie­ber? Die­ses, das lächelnd, bereit­wil­lig den ange­bo­tene­nen Lebens­nek­tar auf­schlürft und sich den letz­ten Trop­fen zufrie­den am Lätz­chen abwischt mit den Wor­ten »Dan­ke, wer­te Mut­ter«. Oder jenes, das sich vor Hun­ger krümmt, aber das fein pürier­te Wagyu-Ent­recôte mit eben­so fein pürier­tem zünf­ti­gem baye­ri­schen Kar­tof­fel­sa­lat ver­schmäht? Und um sich dann zu beschwe­ren »Ich ver­hun­ge­re, was seid denn Ihr für Rabeneltern?!«?

Aber wer weiß, viel­leicht fin­det die­se Dif­fe­ren­zie­rung ein­fach nicht auf gene­ti­scher Ebe­ne statt, son­dern wird durch die Ster­ne und den lie­ben Gott entschieden?

Nein, so weit gehe ich nicht. Viel wahr­schein­li­cher ist z. B. eine Wech­sel­wir­kung von Ein­ga­be, Ver­ar­bei­tung und Aus­ga­be. Sel­ten beob­ach­ten wir z. B. die­se Abfolge:

  1. Nah­rungs­auf­nah­me­in­ter­es­se
  2. plötz­li­ches Desinteresse
  3. ein olfak­to­ri­sches Ereig­nis in der Win­del, z. B. ein Furz oder eine mas­si­ve Ent­la­dung cara­mel­far­be­ner Hüttenkäseausscheidungen
  4. bereit­wil­li­ge Nahrungsaufnahme

Als hät­te er Platz geschaf­fen :). Das ist ein Work­flow und sind Rah­men­be­din­gun­gen, mit denen man arbei­ten kann. Die vor­stell­bar und nach­voll­zieh­bar sind, visua­li­siert man sich die immer­hin schon fast drei Meter Darm­län­ge (bei Geburt 275 cm) und was dar­in wegen der Umstel­lung auf die fet­te Mut­ter­milch­va­ri­an­te alles passiert.

Aber vor­stell­bar ist Vie­les. Man braucht nur mal eine Minu­te zu sin­nie­ren und kann Dut­zen­de Fak­to­ren zusam­men­stel­len, über deren Rol­le und Aus­wir­kun­gen weder wir noch sonst jemand sicher ist.

  • För­dert der Geruch von frisch gegrill­ten Steaks das Ess­ver­hal­ten von Babys?
  • Wird Mut­ter­milch durch den vor­abend­li­chen Ver­zehr von Blu­men­kohl muffig?
  • Ver­ur­sa­chen fla­tu­lenz­för­dern­de Mahl­zei­ten bei der Mut­ter auch Blä­hun­gen beim Kind?
  • Macht der Ver­zehr von Ana­nas die Mumi süß? Sie wis­sen schon, wie bei die­ser ande­ren Sache.

Die Anhän­ger eso­te­ri­scher Theo­rien kön­nen sich gera­de nicht auf den Sit­zen hal­ten, aber defi­ni­ti­ve Ant­wor­ten konn­te ich bis­lang nicht auf die­se Fra­gen fin­den. Was mich über­rascht. Ist denn in den letz­ten 50.000 Jah­ren nie­mand auf die Idee gekom­men, das The­ma mal ordent­lich zu studieren?

Bei den NPCs gibt sich ja auch nie­mand mit den in die Wän­de lau­fen­den Papp­na­sen zufrie­den. Mit jeder Spiel­ge­nera­ti­on wer­den die Neben­dar­stel­ler qua­sisch­lau­er. Beim letz­ten Unchar­ted-Teil über­nah­men die den Spie­ler beglei­ten­den Side­kicks sogar eini­ge Akti­vi­tä­ten, eini­ge Moves, des Spie­lers. Um ihn sinn­voll zu unter­stüt­zen — das war wirk­lich fas­zi­nie­rend zu beob­ach­ten. Sicher läuft immer mal wie­der einer ins Kreuz­feu­er. Aber wenigs­tens kommt es zu kei­nen Lee­roy-Jenkins-arti­gen Aktio­nen mehr wie in Sky­rim. (Da schleicht man sich fach­män­nisch mit Snea­king 86 außen her­um von hin­ten an einen Rie­sen her­an. Auf hal­bem Wege ist jedoch Kampf­ge­tüm­mel zu hören; der Begleit-NPC ist nicht so gut im Schlei­chen und greift nun, statt die Füße still­zu­hal­ten, an. Kein Einzelfall.)

Ich wün­sche mir eine groß ange­leg­te Baby­ernäh­rungs­stu­die, die alle Geschlech­ter, Geburts­zeit­punk­te, Still­ty­pen, Nah­rungs­fa­vo­ri­ten der Eltern, Brust­war­z­en­grö­ßen, Fläsch­chen­plas­tik­ge­schmä­cker und Mond­pha­sen berück­sich­tigt. Dar­aus soll bit­te ein Heft­chen mit einem über­sicht­li­chen Fluss­dia­gramm ent­ste­hen, durch das man sich durch­han­gelt, wenn der Nach­wuchs muckt. Oder bes­ser gleich eine Web­site mit einem Assistenten:

1. Schreit Ihr Baby gera­de vor Hunger?

Ja

2. Haben Sie ver­sucht, das Baby an der Brust zu füttern?

Ja

3. Haben Sie das Fläsch­chen versucht?

Ja

4. Haben Sie erfolg­los ver­sucht, das Baby zu beruhigen?

Ja

5. Haben Sie erfolg­los ver­sucht, das Baby durch koli­kenscho­nen­de Flie­ger­hal­tung, Gri­mas­sen oder lau­te Hard-Rock-Metal-Musik abzulenken?

Ja

6. Wann hat das Baby zuletzt wie viel Nah­rung zu sich genommen?

Heu­te mor­gen, 50 ml Pre­nah­rung, weil er mehr säuft, als wir gut getimet abpum­pen können.

7. Ent­hielt Ihr gest­ri­ges Abend­essen Brok­ko­li, Spi­nat oder Rosenkohl?

Ja

Aha. Alles klar. Ihr Kind mag die Sachen nicht, die alle Kin­der nicht mögen. Es hat aber genug Nah­rung zu sich genom­men, um die nächs­ten 8,5 Stun­den zu über­le­ben. Die nächs­ten Koli­ken ste­hen in drei Stun­den an, bei Voll­mond. Beschrän­ken Sie Ihre künf­ti­gen Mahl­zei­ten bit­te auf Steaks und Kar­tof­fel­pü­ree und sehen Sie kei­ne volks­ver­dum­men­den TV-Sen­dun­gen mehr.

Da wüss­te man doch sofort Bescheid.

Nein, statt­des­sen müs­sen wir uns den gesam­ten Work­flow indi­vi­du­ell für unser Kind erar­bei­ten. In Zei­ten von Big Data! Dabei sind, wie grau­sam, doch mit Sicher­heit fata­le Feh­ler vorprogrammiert?

»War­um schreit er?«

»Ja, gute Fra­ge, aber guck, sei­ne Bei­ne zucken so auffällig.«

»Ach ist sicher eine Kolik. Ein­fach nur lieb­ha­ben und ein biss­chen umhertragen.«

»Eigent­lich zuckt der gan­ze Körper.«

»Habe ich vor­hin gegoo­gelt. Die Ver­dau­ung stellt sich gera­de um. Alles ganz normal.«

»Er hat sich gera­de die Zun­ge ver­schluckt und läuft blau an.”

Bis die euro­päi­sche Baby­nah­rungs­er­gän­zungs­ma­fia IBMs Deep Thought end­lich zur Baby­schrei­vor­her­sa­ge ein­setzt, ver­geht sicher noch eini­ge Zeit. Wir legen des­halb in der Zwi­schen­zeit unser eige­nes Spreads­heet an und sam­meln erst mal Daten im klei­nen Stil, um hier Mus­ter zu erken­nen. Litt­le Data sozu­sa­gen. Dann kom­bi­nie­ren wir das mit Rat­schlä­gen, Anek­do­ten und Tipps von Schwes­tern, Heb­am­men, Büchern und Goog­le-Such­ergeb­nis­sen und wun­dern uns am Ende, wenn die­ser Stan­dard-Work­flow entsteht:

Situa­ti­on: Das Baby schreit oder weint.

  1. Füt­tern versuchen
  2. Ver­dau­ung­be­we­gun­gen erkennen
  3. Füt­tern versuchen
  4. Beru­hi­gungs­maß­nah­men I ein­lei­ten — Schaukelbewegungen
  5. Füt­tern versuchen
  6. Beru­hi­gungs­maß­nah­men II ein­lei­ten — Queen’s Grea­test Hits brum­mend durch die Woh­nung tragen
  7. Füt­tern versuchen
  8. Schnul­ler rein und im Kin­der­wa­gen parken
  9. Wei­nen abwar­ten, dann zurück zu (1)

— 🕹 —

- Typisch für die Rol­len­spiel-Begleit­mis­sio­nen ist, dass die Spie­ler­be­loh­nung unver­hält­nis­mä­ßig hoch aus­fällt. Viel­leicht ein gut gemein­ter Aus­gleich, wenn der Non Play­er Cha­rac­ter beson­ders chao­tisch durch die Gegend lief und Orks aus benach­bar­ten Area­len neu­gie­rig mach­te, die sich sonst einen feuch­ten Keh­richt um die Begleit­mis­si­on geschert hät­ten. So trägt die ver­lo­re­ne Fami­lie des Huf­schmieds natür­lich den Rie­sen­ru­bin der tau­send ver­lo­re­nen See­len mit sich und schenkt ihn bereit­wil­lig dem Spie­ler. Der seni­le Erz­ma­gi­er weiß natür­lich nichts mehr mit dem Zau­ber­buch der fünf Ele­men­te anzu­fan­gen und über­lässt es dem Spie­ler dafür, dass man ihn zur nächs­ten Knei­pe geführt hat.

Und mal ehr­lich, haben wir es dann geschafft und alle Bedürf­nis­se des Baby-NPCs erkannt und befrie­digt, beson­ders die kuli­na­ri­schen, was ist da ein schö­ne­rer Schatz als ins sat­te Gesicht des Spröss­lings zu bli­cken. Kurz bevor er ins Essens­ko­ma abdrif­tet, mit halb­of­fe­nen Augen einen beein­dru­cken­den Rülp­ser pro­du­ziert, ein Engels­lä­cheln auf den Lippen.

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