Berlin ist ein diskutabler Startpunkt für den Jakobsweg. Eine riesige Großstadt, endlose Vororte, Autobahnen überall, dazwischen Schnellstraßen und Ex-Militäranlagen. Auf der anderen Seite gibt es somit viele Ziele. Mein Ergebnis ist, wer des Wanderns wegens den Jakobsweg gehen möchte, der sucht sich besser andere Startpunkte oder gleich eine schöne Wanderroute in der Uckermark.
Aber Pilgern hat auch eine zweite Bedeutung neben dem Landschafts-Sightseeing: auf eine Wallfahrt gehen. Da zählen keine schöne Aussichten, naturbelassene Flusstäler und immergrüne Dschungelplateaus. Da zählt nicht der Weg, sondern das Ziel. Mein Ziel ist beispielsweise, eine Krankheit loszuwerden, oder sie zumindest so lange und so bequem wie möglich zu überleben. Mein Wallfahrts-Deal geht ganz klar Richtung Kasteiung, ein klassisches Motiv für den Jakobsweg: »die freiwillige Entbehrungen und Leiden um eines höheren Gutes willen«. Mal sehen, was aus den müden Knochen und alten Knien noch herauszuholen ist, auf der berühmten römischen Straße Via Imperii Richtung Leipzig. Das sind netto etwa 220 km. Wenn ich das schaffen würde, hätte ich einen kleinen Sieg errungen und könnte ggf. einige Weichen neu stellen. Zumindest im Kopf.
Dies ist eine Berichterstattung des Wegabschnitts 13 zwischen Berlin und Leipzig, Stand September 2020, unmittelbar nach der ersten großen Sommer-Corona-Welle, kurz vor der Herbst-Corona-Welle. Meine Routenvorlage stammt als GPX-Routendatei von Jakobswege-Europa (http://www.jakobswege-europa.de/wege/via-imperii.htm) und basiert zu großen Teilen aus schon existierenden Wanderwegen, aber auch mühsamen Zwischenstücken entlang der Jahrhunderte alten Handelsroute zwischen Stetting und Rom. Auch wenn einige Zickzackschlenker und Umwege keinen Sinn zu machen scheinen, bin ich 99% des Weges so wie beschrieben gegangen und beschwere mich gelegentlich über arg unschlüssige oder besonders mühsame oder sogar gefährliche Passagen, das möge man mir bitte verzeihen. Ich gehe davon aus, dass einige Schlenker der Bewunderung eines besonderen Denkmals oder der Ermahnung an das dritte Reich dienen. Das braucht es in meinen Augen nicht für einen Jakobsweg, ist aber am Ende Geschmackssache.
Hinweis zur Strecke: Die bereitgestellten Daten wurden mit einem Redmi Note 7 Pro aufgezeichnet. Die Streckenführung ist lediglich automatisiert »begradigt« (4 m), fehlende Aufzeichnungen wurden einfach direkt verbunden. Aufgezeichnet sind auch Schlafstätten, Essenspausen, Pottybreaks und Supermarktbesuche. Die sind alle klar auf den Karten erkennbar, wenn mal mehrere GPS-Punkte an einer Location aufgezeichnet wurden. Damit entstanden brutto knapp 300 km statt der theoretischen Netto-220-Jakobskilometer.
Visuell oder geschriebenes Wort: Neben dem Studium der folgenden Tagebuchform empfehle ich auch einen Blick in die Karte oben auf dieser Seite. Die lässt sich nämlich per Knopfdruck auf Fullscreen vergrößern und enthält auch einige fotografische Impressionen, als Wegpunkte markiert, quasi um sich einen visuellen Eindruck zu verschaffen.
Für die eigene Planung: Ich empfehle meine GPX-Datei parallel mit der offiziellen zu vergleichen, um die Unterschiede und auch Vorschläge zu erkennen. Einige Desktop-Programme und Handy-Apps erlauben z. B. das gleichzeitige Einblenden mehrer GPX-Dateien. Meine aktuelle Lieblings-App, GPX Viewer Pro, zeichnet dabei sogar eine zusätzliche Route auf, um im Nachgang alle Streckenabschnitte vergleichen zu können.
Viel Spaß beim Lesen, Planen und Buen Camino! 🙂
Weiterlesen über meinen Jakobsweg: