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Ricks Jakobsweg-GPX-Datei herunterladen (Stand 12.10.2020)
Hintergrund zu diesem Jakobsweg, warum ich ihn empfehle und nicht empfehle, und wie man mit den herunterladbaren GPX-Dateien arbeitet, gibt es auf dieser Seite:
Hintergrund und GPX-Infos zum Jakobsweg Berlin ↦ Leipzig
(Dies ist Teil 2/3. Teil 1 verpasst?. Ach, und hier ist die Rucksack-Packliste.)
Beelitz ↦ Treuenbrietzen (Tag 5/11)
Jakobs-Kilometer: 21 km (brutto 29 km)
Hatte ich in der letzten Berichterstattung über das nordöstliche Beelitz schon den massiven Spargelanbau erwähnt? Pah! Kein Vergleich zum Süden. Aber ist auch klar, im Süden ist das Klima freilich noch milder, da geht es dem Spargel gleich viel besser. Und dem Jakobswanderer ebenfalls, denn hier merkt man schon bei Tagesbeginn endlich draußen zu sein aus dem Ballungszentrum. Allem voran: kein Autobahnlärm und die Route würde sich im Laufe der nächsten Stunden und Tage auch immer weiter von der 9er-Autobahn entfernen.
Dorf, Feld, Wald, Feld, Forst, Dorf, Feld, Wald — dieses Segment war gefüllt mit klassischen Dorfstraßen, Forst‑, und Feldwanderwegen, die insbesondere dann Spaß macht, wenn man gerne auf Dorfstraßen, Forst‑, und Feldwanderwegen wandert. Der Abschnitt war abwechslungsreich, die Sonne knallte wegen der unterschiedlichen Bewaldung nur bei wenigen Abschnitten, der wechselnde Untergrund war angenehm für Füße und Fußsohlen.
Wer nach Beelitz das Kilometer- und Richtungsschild nach Treuenbrietzen erblickt und den Wegesverlauf von oben sieht, versteht, was hier passiert: Die Wanderung führte so geschickt, wie das ein Zickzackweg kann, um die direkte Treuenbrietzener Bundestraße herum. Denn Bundestraßen ohne Bürgersteige oder Wanderbegleitwege machen wahrlich keinen Spaß. Da nimmt man auch die Extra-10-km in Kauf.
Der Verkehr auf den Straßen war seltener, und kurz vor Treuenbriezen stieß man beim Bahnhof von Buchholz auch wieder auf die ersten asphaltierten Wege, bei mir gerade rechtzeitig, bevor sich eine kleine Blase am linken Fuß echauffieren wollte. Allerdings nahmen die Straßen Überhand: Nach Buchholt musste man schon wieder, seufz, einen extreeemen Ostschlenker entlang einer sehr stark befahrenen Bundesstraße in Kauf nehmen (L80, natürlich ohne Bürgersteig). Gut, sie ist wahrscheinlich weniger stark befahren als die B2. Der Jakobsweg zweigte dann Richtung Süden in einen Wald: Vorsicht am südöstlichen Eckpunkt — der Pfad war hier teilweise überwuchert (Stand September 2020) — am besten mit GPS arbeiten, um zum wieder westlich am Südrand des Waldes verlaufenden Wirtschaftsweg zurückzufinden.
Treuenbrietzen, das Ende dieser Tagesetappe, ist eine etwas großere Kleinstadt. Sie blickt auf eine dramatische Geschichte zurück (Kategorie Mädchenmörderlieder und drittes Reich) und eignet sich gut für eine Rast oder, für die Glamour-Pilger, eine Einkehr. Auch Bäcker gibt es hier, ein bislang für Brandenburger Dorfpilger ungewohnter Blick. Insgesamt eine freundliche Ausflugsstadt, die ich allerdings erst am nächsten Morgen kennenlernen würde. Denn mein Ziel lag in einem nördlichen Siedlungsanhängsel an Treuenbrietzen.
Ich fand nämlich in einem Schäferwagen Unterkunft. Der sah fast genauso aus, wie der Zigeunerwagen in Ultima IV auf dem C64 (1985), nur dass man heute polically correct freitlich nicht mehr Zigeuner sagt, und dass gleich drei davon nebeneinander auf einer Art Grundstückshintergartenhof standen. Auch befand sich keine Wahrsagerin darin. Trotzdem konnte man hier seinen Spielercharakter weiterentwickeln und zwischen vielen Optionen wählen: Wollte man das Abendessen vom benachbarten Supermarkt holen? Oder sich vom Vermieter nach Treuenbrietzen Downtown kutschieren lassen? Vielleicht gemeinsam grillen und bei Bier (gibt’s auch im Pensionsraum im Kühlschrank fürn Euro) am Grill lokalen Sabinchenlieder lauschen? Oder sich ruhig hinsetzen, dem Rauschen in den Duschkabinen zuhören (die Schäferwagen sind zu klein für irgendwelche Sanitärinstallatioen)? Am Ende kommt heraus, was für ein Pilger man wird — ein asketischer Kasteiungs- oder ein Glamping-Pilger :).
Für mich war es der »Supermarkt« und »Ruhe finden«. Der Trabantenneubausupermarkt war ja nur eineinhalb Kilometer südlich von hier. Und er hatte alles, was man für eine Nacht braucht. Und bis 22 Uhr hatte er auch offen, sollte man mitten in der Nacht einen Tequilla oder Kakao benötigen, um besser schlafen zu können.
Wer kleiner als 1,90 m ist, verbringt im Schäferwagen jedenfalls eine kuschlige urige Nacht in, auf oder unter einem der vier eingebauten Holzgestelle. Vielleicht hört man das eine oder andere Gespräch. Vielleicht erreicht einen der Duft von Gegrilltem oder der Klang von Gesungenem, wenn alte regionale Liedchen angestimmt wurden. Meine Nachbarmonteurin und mein Nachbarfahrradschweizer waren jedoch so leise, das ich nicht mal das Schnarchen hörte.
(A Propos regionales Liedchen: Von hier kommt die Sabinchen-Geschichte, die ich bis dato gar nicht kannte: Das ist tatsächlich ein lokales, sehr bekanntes Lied, in dem ein Mädchen Geld für einen Trunkenbold stiehlt, der Diebstahl auffliegt, und der Trunkenbold das Mädchen umbringt, nachdem sie sich bei ihm beschwert. Die Lektion ist: Traue niemanden. Das nehme jetzt mit auf meinen Weg.)
Wichtig ist auf jeden Fall, die Wagentür zu schließen. Denn technisch gesehen gelten brandenburger Schäferwägen in Mückenkreisen als »draußen« und sind damit offizielles Blutsaugerjagdgebiet.
Um 6 ist hier noch niemand wach. Also auf, auf! (Verdammt, der Nachbarfahrradfahrer war schneller, hatte es tatsächlich schon um halb 6 geschafft, lautlos zu duschen.) Darum kann es munter weiter gehen, zuerst nochmal durch Haupt-Treuenbriezen durch und dann weiter Richtung Süden durch Brandenburger Forste und Dörfer zum nächsten, ähnlich exotischen Quartier.
Treuenbrietzen ↦ Niedergörsdorf
(Tag 6/11)
Jakobs-Kilometer: 23 km (brutto 29 km)
Inzwischen war ich so von der Umgebung abgelenkt, das ich meine Wehwehchen gelegentlich vergass. Abgelenkt, denn was habe ich auf diesem Wegstück geflucht! Es ging nämlich (mitunter) entlang Brandenburger Landstraßen. Das mag vor 50 oder 100 Jahren noch nett gewesen sein, als Autos 100 oder vielleicht nur 50 fuhren, aber heutzutage sind die Rennstraßen eine wirkliche Qual.
Auch dieser Abschnitt folgt konsequent der B2. Das erhärtet bei mir den Verdacht (bislang keine historische Recherche durchgeführt), dass gar nicht die Leipziger Autobahn, sondern die B2 die eigentliche Via Imperii war? Ebenso auffällig ist, dass der Jakobsweg auf jeden Fall versucht, kein Bundesstraßenwanderweg zu sein. Ein schwieriges Unterfangen, so dass man wegen der Wegrekonstruktion und ‑verschönbesserung ständig in Feld- und Waldwegen rund um die Schnellstraße herumeiert; mal auf der einen, mal auf der anderen Seite der Landstraße. Das Ergebnis sind einige Bonuskilometer, die Aussicht ist nicht superspektakulär, aber das Gehen insgesamt ganz angenehm. Gemischte Gefühle: Denn retrospektiv hatte ich auf den “Feldweg”-Abschnitten am meisten »Wander«-Spaß.
Die Krux waren freilich die Schnellstraßen. An einigen Stellen kommt man einfach nicht daran vorbei, mal einen, mal zwei, oder mal fünf Kilometer an einer stark und schnell frequentierten Landstraße zu spazieren. Da war ich als Fußgänger ziemlich allein. Denn wer kommt bitteschön auf die beknackte Idee auf einer asphaltierten Straße ohne Bürgersteig neben 120 km/h vorbeitosenden 12-Tonnern zu spazieren? Fünf Kilometer lang. Genau hier gab es Abschnitte, die mich diesen Jakobsweg nicht mögen gelernt haben und warum ich ihn nicht Leuten empfehle, die gerne in der Natur wandern.
Bitte, liebes Bundesjakobswegsministerium, verlinkt hier schönere Wege. Oder baut sie endlich.
Aber ganz ruhig: Es wäre ja kein Jakobsweg im Sinne einer Wallfahrt, gebe es keine Gefahren und Herausforderungen. Pilger vor 500 Jahren mussten schließlich auch Lindwürmer besiegen und Heiden bekehren, das war sicher auch kein Zuckerschlecken. (Am Ende hatte ich bei solch einem Abschnitt schließlich auch meinen Unfall — dazu später mehr.)
Umso freundlicher nahm ich den Empfang in der Herberge in einem Dorf namens Schönefeld wahr. Schönefeld heißt in Deutschland natürlich jedes fünfte Dorf, und dieses hatte zwei Dorfteiche, viele Windräder und einen Bauernhof, betrieben von einem freundlichen Paar mit Kind, und ausgestattet mit Monteuers- und Pilgerunterkünftien. (Wer auf AirBnB nach Feuerwehrwagen sucht, wird schnell fündig.)
Und da war er. Einer dieser Momente, die wir aus unserer Kindheit kennen. Als wir abends einen Kasten Augustiner zum Baggersee-Würstchen-Grillen nahmen und mit Bier, Weib und Gesang frönten. Heute jedenfalls genügten zwei Paulaner und eine Brotzeit. Das Grillen wurde durch einige Holzscheite ermöglicht, die Gesellschaft waren der Gastgeber, ein tschechischer Monteur und ein holländischer Familienvater. Und genauso chaotisch wie vor 30 Jahren verlief das Gespräch heute, denn niemand verstand niemanden so richtig, und für Hand-und-Fuß-Kommunikation war es zu dunkel. Aber das war auch irgendwie entspannend. Und das wiederum war etwas Besonderes. Klar konnte ich mir keine erlösende Antwort auf meine Krankheits- und Lebensfragen erhoffen. Es war, was es war. Und die Mücken, die mir die Nachtruhe stahlen (die zweite in Folge) versuchte ich zu ignorieren. Schließlich konnte ich aufbrechen und einfach weitergehen, wann immer ich wollte, meinetwegen sogar mitten in der Nacht, und ich musste nie nie niemals zurückblicken. DAS war eine weitere Pilgerlektion. Möglicherweise wichtig. Ich wartete trotzdem bis 6 Uhr, um nicht im Dunkel gegen Bäume zu laufen.
Niedergörsdorf ↦ Wittenberg
(Tag 7/11)
Jakobs-Kilometer: 21 km (brutto 30 km)
Als die Sonne ungefähr in Mekka aufging (auch ein cooler Wallfahrtsort habe ich irgendwo gelesen), also 6 Uhr West/Mitteleuropa, rieb ich mir mückendurchnächtigt den Nichtschlaf aus den Augen, machte mich gemütlich fertig und genoß während des Weitergehens die Zeit, die mir während dieses Jakobstrips die Liebste wurde: der Sonnenaufgang. Durch Fotografie bin ich stark visuell geprägt, als Familienvater und wegen Stadtwohnung aber stark eingeschränkt. Früh morgens außerhalb einer Stadt den Sonnenaufgang zu erleben, mit klarer gereinigter, mit Nebel versetzter Luft, und mit den vielen durch die athmosphärische Brechung verursachten Spektralfarben — das war… traumhaft. Langweilige Landstraßen, Standard-Landstraßenbäume, verdörrte Sonnenblumen, Kirchtürme — fünf Kilometer entfernt am Horizont, selbst Auto-Silhouetten vor regelmäßigen Alleebäumenmustern: All das waren einmalige optische Genüsse, an die auch jetzt noch, drei Wochen danach, zurückdenke. Die Sonne, die eigentliche Schuldige für diesen Verzweiflungstrip, holte in diesen Stunden alle Asse dem Ärmel und stimmte mich friedlich. Einige Fotobeweise sind hier mit in den Beitrag gestreut.
In dieser Atmosphäre ging es in die größte Stadt auf diesem Weg. Wow, doppelte Motivation! Das war nach diesen Tagen allein deshalb aufregend, weil die Verfügbarkeit von Bedürfnisbefriedigungen, die Bequemlichkeit einer großen Stadt viel Komfort versprach.
Und siehe da, es kam sogar noch anders. Denn plötzlich war alles anders. Irgendwie subtil zu Beginn, aber dann auffälliger. Der Asphalt, die Täler und Hügel, die Bäume, die Bürgersteige, die Dorflayouts, die Menschen, ihr Dialekt, die Schrift auf den Ortschildern! Ohne es zu auf der Karte zu sehen hatte ich eine Bundeslandgrenze überschritten! Und befand mich in Sachsen-Anhalt! Und das ist wohl eine weitere Erfahrung, die man als Fußgänger viel intensiver wahrnimmt. Einzelne Dinge sind irgendwie anders, so insignifikant, dass man es kaum sieht, aber doch so signifikant, dass man sie ganz subtil wahrnimmt. Auf den folgenden Kilometern waren die Wege etwas fußgängerfreundlicher, Landstraßen hatten Fußwege, die Umgebung wirkte aufgeräumter, moderner, fast schon penibel, aber nicht unbedingt neuer. (Von meiner superpeniblen Bürgersteigrechenerfahrung erzähle ich im später folgenden Abschnitt.)
Das Neue, die Veränderung der Umgebung, machte Spaß. Es war nicht besser, sondern anders. Meine Erwartungshaltung passte sich an die Umgebung an und ich wurde gleich viel offener.
Zum Beispiel auch neuen Menschen.
Es war so gegen 10 Uhr, da hatte ich Hunger auf ein Frühstück und wünschte mir nach einer Dorfkurve eine Bank herbei und — Zack — war da auch die passende Bank herbeibeschwört. Während meiner Kurzpause kam das geistig herausgeforderte Dorfkind, so um die 10, 11 Jahre, vorbei, denn hier fuhren selten Autos und die Dorfstraße war seine Hometown. Und was ein Kuriosum ich doch für ihn war, hier einfach so wandern. Ich erinnerte mich an die Bücher meines Sohns. Dass ein Wanderer irgendwo vorbeikam war in Kinderbüchern ein übliches Bild, und so konnte ich all seine Fragen wie in einem Kinderbuch beantworten. Die Kamera? Um schöne Momente aufzunehmen. Die abnehmbaren Hosenbeine? Falls es mal warm wird. Der Regenschirm? Falls es mal regnet. »Aber wir sind doch nicht aus Zucker.« wiederholte er einen Satz, dem ihm wahrscheinlich sein Erziehungsberechtiger eintrichterte. Bis dahin war es auch mein Lieblingsspruch. Aber nun antwortete ich »Nach drei Tagen Dauerregen sind wir sehr wohl aus Zucker. Der Regenschirm ist dann mein bester Freund.« (Pst, ich hatte bis dato noch keine Minute Regen gehabt 😉 )
Am Ende des Dorfs winkten wir uns über einen Kilometer abschiedsweise zu, über die Zukunft des anderen nachdenkend. “Und vergiss nicht, was Frau Lehrerin Harte sagt: Wenn es brennt in der Schule, _sofort_ bei jemandem Bescheid geben.” waren meine letzten Worte. An Kilometer 2 dieses Straßenstücks bog mein Weg nach rechts in den Wald ab. Ich blickte nochmal zurück. Er stand immer noch da.
Über einige Felderwege… und Wirtschaftswege… passierte ich mehr und mehr Häuser. Wittenberg mit Bürgersteigen! Juhu! Und eine Überraschung! Die Herberge in Wittenberg (Gloecknerstift) war: leer. Ich gewöhnte mich langsam daran. Ich war der einzige Pilger in einem 20 Zimmer großen Gebäude auf einem wahrscheinlich 1 Hektar großen Grundstück. Es fühlte sich ein bisschen an wie das Hotel im verschneiten Colorado, in dem Jack Nicholson verrückt wurde. Auch waren die Corona-Regeln hier am strengsten, mit exakten Workflows und Reinigungsabläufen, verschiedenen Definfektionsmittelchen und Mülltrennregeln. Freilich war niemand da, die Einhaltung der Regeln zu prüfen. Das gefiel mir trotzdem, denn hier wurde das Virus anscheinend gebührend behandelt und nicht so larifari wie anderenorts, inklusive zu Hause in Berlin.
In Wittenberg war dann alles nochmal völlig anders. (Vielleicht ging es bei solchen Wanderschaften um diesen Umgebungswechsel?) Jetzt gab es nicht nur andere Hügel und Straßenlayouts, sondern als Bonus oben drauf eine Menschenart, die ich seit dem Brandenburger Tor nicht mehr gesehen hatte: Touristen. Massen von Touristen! Als wäre Wittenberg das Schloss Neuschwanstein von Sachsen-Anhalt oder Disneyland in Paris oder Orlando oder eine Stadt, in der Religionsreformer waghalsige Thesen an Schlosskirchtüren nagelten. Verrückt!
Die Innenstadt war architektonisch sehenswert, Gebäude und Kirchen wunderschön und, natürlich das wichtigste: Luther! Freilich waren all diese Menschen hier, um etwas von Luther zu sehen. Und das hatte selbst auf Jakob einen so starken Einfluss, dass der Jakobspilger für die Fortsetzung südlich von Wittenberg nicht mehr der Muschel folgt sondern dem kursiven L (für Lutherweg). Ich erinnerte mich an meine Recherche: Das Ziel der Routenplaner war, die Wege nach Sportart (Wandern, Radfahren, SUV-Fahren) zu trennen. Sei’s drum, wieder keine echte Via Imperii.
Also holte ich mir erst mal einen witten Wein, aß dazu im hölzernen Viermannzimmer einen Wittenburger mit Pommes Rot-witt und wunderte mich über die kuriosen Deals der Religions- und Gemeindeadministrationen und der Unterkünfte. Die Pilgerinfrastruktur war schon bewundernswert. Befand man sich erstmal auf stärker frequentierten Routen, reiste man tatsächlich zu einem Bruchteil der üblichen Logisgebühren durchs Land — ganz im Sinne des Pilgerns, auf einer Mission Gottes zu sein, dem Luxus der westlichen Zivilisation versagend, in Kasteiung überlebend. Ächz! Letztes Weißbier plopp, noch ein, zwei weiße Trüffel und weißen Kaviar auf Weißbrot vom Delikatessentouriladen um die Ecke. Gute Nacht. Ach. das. Pilgerleben… toll :).
»Early to rise and early to bed makes a man healthy but socially dead.« Das party- und gesellschaftliche gesprägte späte Zubettgeh- und Aufstehzeiten aus den 20er- und 30er-Jahren schaffe ich schon länger nicht mehr. Und auf dieser Wallfahrt zu sein brachte mich so nah an einen ursprünglich, ja von der Sonne geprägten Rythmus wie selten. Das mit dem Morgensonnenlicht erzählte ich ja schon, und so freute ich mich jeden Abend auf den nächsten Morgen. Um 20 Uhr war Schluss…
Nanu?
Was ist das?
Ich kann ja einfach so hier liegen? Und einschlafen?
Etwas ist anders!
Keine Mücken!!
Eine lange ruhige Nacht, herrlich. …bis um 6 Uhr. Das ging nun so schon mehrere Tage. Wittenberg war keine Ausnahme. Der kleinste Helligkeitsunterschied im Nachthimmel war, als schien man mir eine grelle Taschenlampe ins Gesicht.
Also weiter, auf den JakobsLuther-Weg Richtung Bergwitz. Wieder mal ein besonders kurze Etappe. Aber fühlbar deutlich näher am Ziel, und mit einigen besonders interessante topologischen Besonderheiten. Nämlich der höchsten Stelle dieser Wanderschaft! Echte Höhenmeter seit Berlin!!
Alles über die Höhenmeter in Teil 3: Von Wittenberg nach Leipzig :).
Buen Camino! 🙂
Hintergrund zu diesem Jakobsweg, warum ich ihn empfehle und nicht empfehle, und wie man mit den herunterladbaren GPX-Dateien arbeitet, gibt es auf dieser Seite:
Hintergrund und GPX-Infos zum Jakobsweg Berlin ↦ Leipzig
(Dies war Teil 2/3. Teil 1 verpasst?. Und hier ist die Rucksack-Packliste.)