Oft werde ich mitten auf der Straße gefragt: »He, 8BitPapa, wie macht Ihr das eigentlich so toll mit Baby im Arm und mit der Haushaltsorganisation? Ihr habt immer Ketchup da, Windeln, Frischhaltefolie, Sardellen, Spucktücher und gebackene Bohnen in Tomatensauce. Wir sind froh, wenn wir das Klopapier mal nicht vergessen.«
Ganz klar, schuld am Vergessen ist die Still‑, Neugeborenen- und Daddydemenz. Wir 8‑Bitter nutzen jedoch die neueste NASA-Raketentechnologie, um dem babybedingten Gehirnleerlauf entgegenzuwirken: eine Liste. Und zwar keine herkömmliche Liste mit plattgewalzten Pflanzenfasern und Farbstoffen ungewisser Herkunft, sondern eine aus Bits und Bytes. — Eine? — Ach, was red’ ich. Mehrere! Denn, wie praktisch, wer Listen-Apps im privaten Rahmen nutzt, der zahlt nichts für die nützlichen Cross-Plattform-Apps.
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Ich zeige unseren Listen-Use-Case anhand der für im kleinen Rahmen kostenlos nutzbaren Trello-App. Es mag da ein Dutzend anderer Kandidaten geben (ehrenwürdige Erwähnungen: Wunderlist, Remember the Milk, Ticktick, Any.do), vielleicht auch als kostenpflichtige Pro-Versionen, die dann viele Dutzend Features freischalten, die ich nicht brauche. Aber für einen App-Vergleich habe ich keine Zeit, denn in einer halben Stunde beginnt mein Windelwechsel-Timeslot und bis dahin muss ich auch noch das Motorikunterstützungs-Mobile-nach-Emmi-Pikler entwirren. Außerdem geht’s hier ums Prinzip.
Früher war das nämlich so:
»Ich geh’ nochmal schnell rüber zum Brutto, Getränke und gebackene Bohnen in Tomatensauce holen.«
»Oh, kannst du bitte noch Süßigkeiten aus weichem Schaumzucker, auf einer Waffel dressiert und mit Schokolade überzogen, mitbringen?«
»Mohren, äh, Neger, äh, Schokoküsse?«
»Ja, und schau mal, ob’s reife Mangos gibt.«
»Mangos. Check.«
»Aber nur wenn sie reif sind!«
»Reife Mangos. Check.«
»Und Milch, fettarm, Bio. Pfeffer. Trauben, aber nur kernlose. Backofenspray. Und Frischhaltefolie.«
»…«
Da ist zweifellos viel Raum für Fehler, Interpretationen und Missverständnisse.
»Einige Sachen habe ich nicht bekommen. Es gab z. B. leider keine reifen Möhren und Bio-Frischhaltefolie. Dafür aber das Pfefferspray!«
Mit einer Listen-App wäre das nicht passiert. Denn die macht alles einfacher, und nicht komplizierter, wie so viele befürchten. Im Mittelpunkt stehen nämlich einige wenige Features:
1. Mehrere Listen verwalten
In unserem Fall: jeweils eine für Supermarkt, Drogerie, Baumarkt, Möbelladen. (Es gibt noch Listen für Frühjahrsputz und Zu reparieren, aber das ist eine andere, sehr traurige Geschichte.)
2. Zugriff für mehrere Leute
Listen-Apps bewegen sich an der Schwelle zu halbprofessionellen Projektmanagement-Tools. So ein Listeneintrag wie »10 Bio-Eier« oder »Fenster putzen« wird im professionellen Kontext als sog. Kanban-Aufgabe verstanden, ein japanisches To-do-Listenmanagement, bei dem Aufgabenkärtchen von Person zu Person, von Abteilung zu Abteilung und von Status zu Status verschoben werden, bis alle glücklich sind. Darum ist für solch eine App wichtig: Mehrere Leute greifen auf dieselben Listen zu, ergänzen sie oder haken Positionen ab.
(Natürlich nutzen wir nur einen Bruchteil der wirklich tollen PM-Features. »10 Bio-Eier« ließe sich noch einfärben und mit Icon und Kommentaren versehen, in denen über Inhalt, Sinn und Evolution des Trello-Karteninhalts diskutiert wird: »Sicher Bio-Eier?« »Was denn sonst, Freiland?« »Na war da nicht mal ein Problem mit Bio-Eiern aus Sachsen, Gift oder so? Oder war das Niedersachsen?« »Nein. Holland. Oder Lolland?« »Weiß nicht, müssen wir mal googeln« »Ja, leg’ mal eine neue Trello-Karte an.«)
3. Zugriff von allen Geräten
Dieses Feature ist die Krux. Denn egal, wo ich bin, in der Regel befindet sich ein digitales Internet-Endpunktgerät in greifbarer Nähe: Zum Beispiel das Second-Screen-Mini-Laptop auf dem Couchtisch, das Handy unterwegs, das Tablet in der Näh- und Bastelecke, der Desktop-PC beim Arbeiten, das bionische Implantat für alle übrigen Fälle. Und auf all diesen Geräten läuft Trello, als App, und zur Not im Browser. Auf diese Weise ist der Weg zur Listenpflege »schnell mal etwas eintragen« oder »schnell mal nachgucken« nur ein paar Mausklicks oder Fingertouches entfernt.
Gerade die Reduktion auf diese Feature-Quintessenz macht das System wasserdicht. Es gibt nicht viel, falsch oder allzu umständlich zu bedienen. Ganz ehrlich, eigentlich würde ein geteiltes Google Doc genügen. Aber die Listen-Apps verwöhnen uns mit netten Wegwisch-Touches und Ein-Button-Widgets zum noch schnelleren Anlegen einer Einkaufskarte. Na, wenn’s doch nichts kostet?
Fast forward in die Gegenwart. Seit der konsequenter Einführung der modernen Technologie (hartnäckiges Betteln) gibt es nun endlich keine Einkaufsmissverständnisse mehr:
»Ich geh’ nochmal schnell zum Einkaufen!«
»Oh, dann bring doch bitte Mohren…«
»Möhren? Schreibs in Trello. Tschüß Kuss bis gleich.«
Einziges Risiko: Das System scheitert, wenn ich jetzt mein Handy vergesse. Das ist leider schon passiert und dann stehe ich verhältnismäßig hilflos im Supermarkt und bewege mich durch die faszinierende Welt des, ich nenne das jetzt mal »Improshoppings«. Improshopping ist der Grund, dass wir immer genug Sardellen, Ketchup und Klopapier daheim haben.
Im Ernst, der Trello-Workflow klappt hervorragend, und zwar sogar auf Zuruf: Derjenige, der gerade alle Hände voll mit Werkzeugen und Babys hat, darf dem anderen zu jedem Zeitpunkt Listenergänzungen ins andere Zimmer rufen, die wie Digitalassistentenkommandos für Siri, Cortana, Alexa oder Computer (Star Trek) und wie sie alle heißen klingen: »Trello! Windeln!«, »Trello! Tomaten! Aber nur, wenn’s die großen Romas gibt.«, »Trello! Schokoküsse!« — »Meinst du diesen dicken…« — »Jaha!«
Nachtrag: Na gut, es ist nicht alles Gold, was glänzt. Aktuell beschäftigt uns noch ein Problem mit der Skalierung der Lösung. Wenn zum Beispiel meine bessere Hälfte mit einem kleinen Handtäschchen das Haus verlässt und beim Rausgehen, mehr aus Höflichtkeit fragt:
»Noch was mitbringen?«
»Nein«, rufe ich dann zuversichtlich.
Doch das Geräusch der Tür, die ins Schloss fällt, löst eine Gedankenassoziation bei mir aus: »Cranberry-Saft!«, »Cashewnüsse, aber die ungesalzenen!«, »Küchenschwämme!«, »Spühlmaschinentabs!«, »Klopapier! Die große Sparpackung«, »Ein Sixpack German Beerale!«. Natürlich nur die leichten und platzsparenden Dinge. Was dazu führt, dass die arme 8BitMama mit Tüten zwischen den Zähnen und auf Kopf und Schulter balanciert zurückkommt. Ob der Hausfrieden nun kippt, hängt davon ab, ob sie unseren 8BitSohn die ganze Zeit in der Tragehilfe dabei hatte. »Stand der denn auf der Liste?«
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Zurück zum 8BitPapa-Fan auf der Straße…
»Wie macht Ihr das noch mal mit der tollen Baby- und Haushaltsorganisation?«
»Äh, kennen wir uns? Ich… ich habe Pfefferspray!«