Gerüchteweise soll sich das Wäschewaschaufkommen mit einem weiteren, neugeborenen Familienmitglied verzehnfachen. Schafft das unsere Waschmaschine? Ich glaube nicht.
Ich kann eine Badarmatur anschrauben, oder eine Lampe, oder etwas Grobes befestigen, das aus Holz ist, ein Stuhlbein oder ein Regal. Wenn jedoch die Waschmaschine schnauft und jault als würde sie gleich sterben, bin ich rat‑, mut- und motivationslos. Unsere alte, die bald ihren 15-jährigen Geburtstag feiert (was wohl angesichts eines Noname-Produkts bemerkenswert sein soll), macht zusätzlich noch keuchendkotzende Geräusche, deren Ursprung ich jetzt in irgendeinem Handwerkerforum im Internet abfragen könnte. Oder wir kaufen uns gleich eine neue. Denn die leise Hardware-Kaufsucht-Stimme in mir ist fest davon überzeugt, dass ein neues Gerät nicht nur wirtschaftlicher arbeitet, sondern auch mehr Nutzen bringt oder mehr Spaß macht. Vielleicht gibt es ja Waschmaschinen mit
- Netzwerkanschluss, wie bei den Babymonitoren, mit denen man die Waschaktivität per Progress-Bar in der Handy-App prozentweise beobachten und auf einen Buttonklick hin etwas Weichspüler einspritzen kann?
- Multitasking? Also ein Gerät, das gleichzeitig mehrere Aufgaben erfüllt, z. B. Wäsche waschen, trocknen, nach Farben sortieren und zusammenlegen.
- einer Tür, die nach links aufgeht? Bei uns steht die Maschine links hinter der Badtür. Ich sehe es kommen, dass eines Tages jemand voller Energie die Tür von außen aufstößt, während jemand anderes gerade die Waschmaschine ausräumt. Goodbye door.
- revolutionärer moderner Technologie? Zum Beispiel braucht sie nur die Hälfte der Waschzeit der Konkurrenz (bei gleichbleibender Reinigung). Oder sie ist supersparsam, A+++++++.
Gibt’s natürlich nicht. Jedenfalls nicht bezahlbar. (Samsung bietet tatsächlich eine Wasch(maschinen)-App im Play Store, die kommuniziert aber nicht mit der Waschmaschine, sondern ist nur ein digitaler Hitchhiker’s Guide für die Waschsymbole und ‑programme für Noobs.) Naja, nicht so schnell — eine Waschmaschinenbesonderheit gibt es mittlerweile, die in meinem Kopf durchaus Sinn macht. Ein Multitaskler aus Waschmaschine und Trockner: der Waschtrockner.
Momentan steht einer von uns (sie, denn wir befolgen bei der Wäsche eine traditionell-konservative Rollenteilung, ich übernehme halt die Spülmaschine) mindestens eine halbe Stunde im Bad, um die Wäsche auf ein klappriges Plastikgestell über der Badewanne aufzuhängen. Wie lange soll das noch gut gehen, wenn der Bauch dicker wird? Außerdem kondensiert das von der Wäsche verdunstende Wasser an den Fensterscheiben und ‑rahmen, nur eine Frage der Zeit, bis wir Schimmel haben. Und ein Bad kann man auch nicht nehmen (, was wir aber sowieso nicht machen, denn Duschen ist natürlich viel ökologischer). Und wenn wir Besuch haben und der aufs Klo muss, ja, wie sieht dann das aus, wenn man dem das Allerheiligste, die gerade gewaschene Unterwäsche, so offen präsentiert?
Genügend Gründe für ein Upgrade? In meiner Vorstellung eliminiert der glorifizierte Waschtrockner diese Probleme, spart Zeit und Nerven und Platz, und vielleicht sogar Geld?
Ich bin da ganz pragmatisch und sehe mir bei einer Produkterörterung erstmal die beliebtesten Einträge bei Amazon an, z. B. dieses Modell und jenes Modell. Erste Überraschung: Der Wäschetrockner-Multitaskler kostet nicht mehr als eine gute Waschmaschine. Nächste Überraschung: Die Käufermeinungen sind durch die Bank positiv. Der Wermutstropfen: Es gibt noch keinen Stiftung-Warentest-Test, die Mutter aller objektiven Produkttests, für Waschtrockner. Und die Suche nach anderen Vergleichen und Tests im Internet kann man sich seit einigen Jahren abschminken, da nur automatisch generierte Landingpages gefunden werden, die ihre »Bestenlisten« aus Amazonsternchen-Charts oder ähnlichen Quellen ziehen.
Also heißt es Rezensionen lesen. Ein paar der besten und zufriedensten und die schlechtesten, denn die extremen Testlager und ‑meinungen kommen häufiger und schneller auf den springenden Punkt. (Ich denke, da entwickelt sich dieser Tage eine neue Form von Medienkompetenz: aus Ottonormalverbraucher-Rezensionen die tatsächliche Produktqualität herausrechnen und auch gefälschte Tests entdecken zu können.) Die Quintessenz der Kommentare ist jedenfalls interessant:
- Waschen und trocknen dauert ewig, angefangen bei 4,5 Stunden für einen normalen Zyklus. Einige Waschtrockner verkürzen die Zeit jedoch, wenn die Ladungen kleiner sind.
- Waschtrocknen soll (sieht man vom Schleudern ab) ziemlich leise sein, vielleicht doch ein Tribut an die moderne Technik. Wichtig scheint da wohl der Direktantrieb zu sein.
- Trocknen benötigt fünf Mal so viel Energie wie Waschen.
- Waschtrockner sind nicht ganz so energieeffizient wie Waschmaschinen- und trocknerkombinationen.
- Waschtrockner kosten so viel wie eine gute Waschmaschine. Das finde ich verdächtig, aber es gibt leider noch keine 20-Jahre-Langzeitstudien über die Haltbarkeit.
- Waschtrockner haben weder USB-Anschluss noch WLAN.
Ich denke, wir riskieren es. Die Vorteile und bisherigen Erfahrungen wiegen schwerer als die Befürchtung, das Gerät könnte nach einem Jahr den Geist aufgeben. Ach ja, eine möglichst lange Garantiezeit wäre auch noch eine tolle Sache. Denn wenn die Waschmaschine ihren Geist aufgibt, bin ich der letzte Grobmotoriker, der sie reparieren kann. Moment, gibt es vielleicht Waschmaschinen aus Holz?