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Baby-Beikost, die zweite

Baby-Beikost, die zweite

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Irgend­wann ver­langt auch der fana­tischs­te Mut­ter­milch­fa­na­ti­ker nach mehr. Vor allem nach dem, was Papa da gera­de ver­zehrt. Ers­te Ver­su­che zei­gen, dass der 8Bit­Pa­pa-Juni­or durch­aus nor­ma­le Nah­rung essen kann, ohne dass sie ihn umbringt. Dank mei­nes neu­en Lieblingswerkzeugs.

An sich waren wir mit dem Ergeb­nis unse­rer ers­ten Bei­kost­ex­pe­ri­men­te (Baby-Bei­kost, die ers­te) zufrie­den, da sie den Auf­wand mini­mier­ten und die Zufrie­den­heit auf bei­den Sei­ten der Eltern­sohn­be­zie­hung maxi­mier­ten. Aber Mut­ter­milch und Was­ser lang­weil­ten den Klei­nen mit der Zeit. Er hat­te zu vie­le Arti­kel gele­sen, dass man älte­ren Säug­lin­gen ein mög­lichst viel­fäl­ti­ges Menü anbie­ten sol­le. Dann wäre er in den kom­men­den Jah­ren weni­ger pikier­lich, wenn er tat­säch­lich mal auf nor­ma­les Essen umstei­gen müs­se – ein Schritt, den wir eigent­lich auf das Jahr 2030 oder ‑40 ver­scho­ben hat­ten. – Wie immer kam die pro­ak­ti­ve Ver­än­de­rung vom Nach­wuchs selbst.

Es begann harm­los mit Spru­del, koh­len­säu­re­hal­ti­gem Mine­ral­was­ser, das Frau 8BitPapa (mit Baby auf dem Arm) schnell im Vor­bei­ge­hen aus der her­um­ste­hen­den Fla­sche trank. Wie üblich für halb­jäh­ri­ge Babys streck­te und reck­te sich der Sohn nach dem Trunk, als gäbe es nichts Wich­ti­ge­res, kor­ken­zie­her­te sich aus dem Eltern­griff, um die Fla­sche zu grei­fen, und eben alles, was die Eltern vor­mach­ten, nach­zu­ma­chen. Noch ganz betrun­ken von der vie­len Koh­len­säu­re drück­te Frau 8BitPapa ein Auge zu und setz­te die Fla­sche an das klei­ne Münd­chen »Pro­bier ruhig. Dann merkst du, dass du es nicht magst und gibst in Zukunft Ruhe«. Es gur­gel­te und zisch­te und wir stell­ten uner­war­tet fest, dass er Spru­del­was­ser moch­te. Sogar sehr. Ver­wirrt hak­ten wir das erst mal ab, denn koh­len­säu­re­hal­ti­ge Geträn­ke waren sicher nicht gut für halb­jäh­ri­ge Rachen, Spei­se­röh­ren und Magenschleimhäute.

Wei­ter ging es mit Num­mer 264. Das viet­na­me­si­sche Red Hot Chi­li Pep­per Rind vom Pan-Asia­ten um die Ecke ist übli­cher­wei­se so scharf, dass sich kei­ne Zuta­ten mehr her­aus­schme­cken las­sen (was in der Absicht des Kochs liegt, um fle­xi­bler waren­wirt­schaf­ten zu kön­nen). Der Klei­ne saß gera­de auf dem Schoß von Frau 8BitPapa und hör­te nicht auf, Pro­be­häpp­chen sei­ner Mut­ter erha­schen zu wol­len, nach Ess­ba­rem zu rudern, indem er alles Greif­ba­re vom Tisch zog, um unse­re Auf­merk­sam­keit zu erre­gen. »War­um nicht?«, dach­ten wir, »Soll er doch ein Reis­korn mit Soße pro­bie­ren, die Schär­fe aus der Chi­li­höl­le an jeder Pore sei­ner Zun­ge und des Gau­mens spü­ren, das Gan­ze aus­spu­cken und fort­an des­in­ter­es­siert sein.« Ver­blüf­fend: Er schmeck­te, rümpf­te kurz mit der Nase und ver­lang­te nach mehr. Viel mehr. Als hät­te er seit sei­ner Geburt im viet­na­me­si­schen Chi­li­bau­ern-Hin­ter­land nichts ande­res gegessen.

Das Eis war gebro­chen; nun kann­ten wir kei­ne Gna­de. Die Mis­si­on lau­te­te: Das eine Lebens­mit­tel fin­den, das unser Sohn ver­schmäh­te. Und was haben wir nicht alles pro­biert. Sauer­kraut, Oli­ven, Auber­gi­nen, Rosen­kohl, Chi­co­rée, Radic­chio, Kut­teln, Ing­wer. Früh­rei­fe Man­gos, Meer­ret­tich, Rha­bar­ber, Har­zer Rol­ler, ein­ge­leg­te Sar­di­nen und kal­te Pom­mes — ja, selbst hip­pe Super­foods wie Qui­noa und See­tang und wie sie alle hei­ßen, ver­putz­te er, ohne zu mur­ren. Ja, er ver­schlang sie geradezu.

Auch er selbst erschloss sich die kuli­na­ri­sche Welt und star­te­te eine Rei­he von Selbst­ver­su­chen. Aller­dings war sei­ne Pro­dukt­aus­wahl von exzen­tri­scher Qua­li­tät. Vor­zugs­wei­se kratz­te er näm­lich Nah­rung­spröb­chen von den Rei­fen sei­nes Bug­gys oder aus dem Pro­fil von Schuh­soh­len. Von Krab­bel­ex­kur­sio­nen auf Park­wie­sen kehr­te er mit schwar­zen Rän­dern um den Mund zurück, die sich nur mit WD40 ent­fer­nen lie­ßen. Und wenn man mal eine Minu­te nicht hin­sah, stopf­te er sich Din­ge in die Hams­ter­ba­cken, die erst zur nächs­ten Bauch-kit­zel-Sit­zung ent­deckt wur­den. Her­un­ter­ge­fal­le­ne Rit­ter­stern­blät­ter, tote Wes­pen, Kle­be­fo­li­en von Foto­ecken, Ama­zon-Paket­pap­pe und USB-Kabel.

Uns blieb nur eine Wahl: Nicht mehr wun­dern. Statt­des­sen lag auf der Hand, dass wir uns die­se Situa­ti­on zunut­ze machen konn­ten. Vor­bei waren die Tage ein­ge­schränk­ter Neu­ge­bo­re­nen­kost! Weg mit den Nuck­el­fläsch­chen, zum Teu­fel mit dem nächt­li­chen Stil­len! Kei­ne abge­kau­te Brust­war­zen mehr und Frie­de der jam­mern­den Kinds­mut­ter! Nie wie­der Hipp-Gläs­chen im Recy­cling-Müll, son­dern Wein­fla­schen, jawoll. Ab jetzt wur­de geges­sen, was auf den Tisch kam!

Nur noch ein Problem:

Er hat­te kei­ne Zähne.

Also mach­ten wir es wie die gro­ßen Baby­bei­kost­ver­kös­ter. Wir pürier­ten. Alles.

Ist Ihnen auf­ge­fal­len, wie das dezen­te »Plipp« beim Öff­nen eines Baby­brei-Gläs­chens bei Ihrem Nach­wuchs mit der Zeit einen paw­low­schen Reflex aus­löst? Unser Klei­ner erkennt das Geräusch jeden­falls aus star­ten­den Flug­zeu­gen und Press­luft­ham­mer­häm­mern her­aus. Und er reagiert sofort mit star­kem Spei­chel­fluss, einem star­ren Blick und dem sich per­ma­nent wie­der­ho­len­den Par­ti­kel »Ma«, also »Ma ma ma ma…«. Hier muss­te es doch einen Trick geben?

Pawlowscher Reflex beim Öffnen eines Beikostgläschens

Und tat­säch­lich, ein Blick auf die Zuta­ten­lis­te der Gläs­chen spricht Bän­de. Es ist ver­dammt viel drin. Und sogar vie­les, das gut schmeckt, Dut­zen­de von Gemü­sen zum Bei­spiel – zuge­ge­ben­er­wei­se in haar­sträu­ben­den Kom­bi­na­tio­nen. Und Gewür­ze, wie sich her­aus­stell­te, Peter­si­lie, Thy­mi­an, Basi­li­kum, Küm­mel, Papri­ka und Kur­ku­ma. Die ganz nor­ma­le Küchen­trick­kis­te also.

Und so machen wir das ab sofort auch. Alle Res­te, die wir abends nicht mehr ver­zeh­ren, wan­dern in einen gro­ßen Topf. Stab­mi­xer rein. Fer­tig. Das hat dann prak­ti­scher­wei­se gleich die rich­ti­ge Hexel­grö­ße für zehn Mona­te alte Kau­leis­ten. Inzwi­schen ist mir auch egal, ob wir Taglia­tel­le al Sal­mo­ne, gefüll­te Papri­ka­scho­ten, Döner oder Schwarz­wäl­der Kirsch­tor­ten ver­ar­bei­ten. Alles zusam­men­wer­fen. Stab­mi­xer rein. In Plas­tik­dös­chen abfül­len. Ein paar in den Kühl­schrank, den Rest in die TK. Und der Klei­ne liebt das Essen, egal was drin ist.

Nun sitzt er in sei­nem Hoch­stuhl mit den Armen auf den Leh­nen, mal auf­recht, mal wie ein Schluck Was­ser in der Kur­ve, wie Cap­tain Kirk. Und lässt sich einen intra­o­ra­len Löf­fel nach dem ande­ren hin­ein­st­op­fen. Statt »Ma ma ma« mach­te er jetzt »Nom nom nom«, ein noch grö­ße­res Kom­pli­ment gibt es gar nicht für Stab­mi­xer­kö­che. Aber irgend­et­was stimmt trotz­dem nicht. Er wirkt abwe­send, gelang­weilt, fast lethar­gisch, wie eine Stopf­le­ber­gans, die sich ihrem Schick­sal hingibt.

Ich befürch­te, er ist bald reif für die drit­te Pha­se: die voll­au­to­no­me auto­ma­nu­el­le Eigenfütterung.

Wir sol­len uns zeit­gleich einen Hund anschaf­fen, sagt man.

Euer 8BitPapa

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