Noch zwei Monate, bis unser Elternraumschiff in die postnatale Zone eintritt. Da wird es Zeit, die Gedanken um die Elternzeit zu konkretisieren und daraus einen Plan zu schmieden. Mit den zwei zusätzlichen Partnerschaftsmonaten und dem neuen »Elterngeld Plus«-Modell werde ja Väter angesprochen, aus dem klassischen Rollenkonstrukt auszubrechen und sich mal länger um das Kind zu kümmern. Mit wehenden Fahnen in Richtung einer modernen Gesellschaft? Jedenfalls nicht aus den Erfahrungen unserer Hebamme. Die kennt kaum Väter, die Elternzeit nehmen und empfiehlt, wenigstens die ersten beiden Wochen nach der Geburt Frau und Kind zu umsorgen. Lächerlich. Da ich selbstständig und Meister des Zeit-Managements bin (»procrastinate later«), im Homeoffice arbeite (bald bekannt als »Kinderzimmer«) und sowieso gerne koche (!), ist die Vaterzeit wie für mich gemacht. Rüdiger von mannpluskindgleichvater.de hat’s vorgemacht, nun fasse ich mir selbst auch an der Nase und erörtere »Fünf gute Gründe für Papa-Elternzeit«.
1. Der Papa, das bekannte Wesen
Vor 40 Jahren träumte man noch von der Emanzipation. Damit meine ich nicht nur die berufliche und gesellschaftliche Gleichstellung von Frauen, sondern auch, umgekehrt, die Integration der Väter ins Familienleben. Damals ging das »Familienoberhaupt« eben malochen, kam spätabends heim und brauchte dann erstmal eine Pause vom Arbeitsstress. Damals gaben Mütter ihre Ausbildung und den Beruf auf, um sich ganz der Erziehung zu widmen. Damals war das für uns Kinder und die ganze Welt ganz normal.
Heute haben wir endlich die Gelegenheit, das anders zu machen. Meine bessere Hälfte ist fantastisch in ihrem Job, unentbehrlich und er füllt ihr Leben mit interessanten Themen und sozialen Details. Und ich bekomme Schmetterlinge im Bauch, wenn ich mir vorstelle, wie es ist, meinen Sohn das erste Mal zu sehen oder sogar in den Händen zu halten. Und gerade das erste Jahr, in dem es auf Schutz, Sorge und Vertrauen, Stimmen, Hautkontakt und Gerüche (vielleicht nicht alle) geht, will ich mir auf keinen Fall entgehen lassen. Ziel ist, dass ich unseren Kleinen, genau wie die Mutter das instinktiv beherrscht, beruhigen und zum Schlafen bringen kann. Füttern auch, aber mit weniger Brust.
2. Besser werden
Was ist denn das für ein Leben – auf der Couch sitzen, Bier trinken und sich eine Marathon-Session »Gotham« reinziehen? Achtet man auf die Qualität des Medienmaterials sicher ein unterhaltsames. Aber ein passives, schrilles, konsumierendes. Durch Job und Blog leiste ich zwar ein kleinen kreativproduktiven Teil; kann das aber wirklich gegen die Unterstützung eines neuen frischen Lebens, gegen das Großziehen eines kleinen Kindes anstinken? Nein. (Das kann nur das Kind selbst.) Und so entwickle ich mich von Couchpotato und Gelegenheits-5K-Läufer zum Baby-Nordic-Walker und Mitternachtswindelwechsler. Alles für die Zukunft des Planeten, das Glück meines Kindes, ein bisschen Selbst-auf-die-Schulter-klopfen und die Rente.
3. Ich kann sowieso nicht mehr schlafen.
Gehe ich um 11 ins Bett, wache ich regelmäßig um 4 auf. Leide ich schon unter Altersschlaflosigkeit? (Gut, im Sommer liegt’s am Geschrei der Minidinosaurier draußen auf den Bäumen.) Dafür leiste ich mir, ein Luxus der Selbstständigkeit, gegen 13 Uhr eine halbe Stunde Mittagsdösen. Das sind doch ideale Voraussetzungen für den Vater eines Neugeborenen, über dessen verquere Schlaf- und Wachzyklen Papablogger weltweit rauf- und runterjammern.
4. Babyromantik und Zeit für diesen Blog
So male ich mir das jedenfalls aus: Nachdem ich den kleinen Stormpooper ins Bett gebracht habe, sinniere ich über das eben Erlebte, rege mich künstlich über die neuesten bescheuerten Ratschläge aus dem Internet und von Ver-/Bekannten auf, und notiere alles, damit Ihr da draußen darüber schmunzeln könnt. So wie ein Hipsterblogger mit Macbook und Pumpkin Spice Latte bei Starbucks. Nur mit Chromebook, einem Bierchen und daheim auf der Couch.
5. Gesellschaftlicher Wandel
Mit der Vater-Elternzeit passiert etwas sehr Gesundes in und für unsere Gesellschaft. Die klassischen, an traditionellen und konservativen Gedanken ausgerichteten Rollen haben ausgedient. Es wird Zeit, dass das Frauenemanzipationsthema endlich durch ist, engstirnige (und bitte auch radikale) Generationen ausgestorben sind und wir uns alle gleichberechtigt und glücklich neuen Horizonten widmen können. Den Tricorder halten wir schon seit einigen Jahren in den Händen – es wird Zeit, auch die anderen Themen von Gene Roddenberry umzusetzen. Na, wenigstens haben wir schon eine Frau an der Spitze. Als Vater in der Elternzeit leiste ich kleinen Beitrag dazu, und sei es damit jemand, der diesen Text liest, inspiriert wird.
Prima, den roten Stift und die Taschenrechner-App gezückt und ab zum Wandkalender – jetzt wird die Elternzeit geplant. (So ein Quatsch. In Wahrheit sitzen wir mit den Laptops im Bett und fluchen über die Bedienung des Online-Elterngeldrechners.)
Anmerkung: Sehr lesenswert zum Thema finde ich auch diese Tirade von Das Nuf: Betriebswirtschaftlich maximierte Elternschaft.