So ein Laufstall für Babys und Kleinkinder ist schon etwas Feines. Kind hineinsetzen, Trinkflasche ranhängen, Kuscheltier und ein paar Spielzeuge reinwerfen und gerettet ist der Fernseh- oder Spieleabend. Aber nein! Wir haben uns fürs neue Jahr vorgenommen, besonders tolle Eltern zu sein. Darum müssen wir natürlich zum Babyschwimmen, Parcourslaufen und Extreme-Baby-Klettering. Denn was ist, wenn unser Kleiner das Potential zum nächsten Reinhold Messner hat, wir aber in der norddeutschen Tiefebene wohnen? Oder wenn er so schlau wie Richard Feynman und Stephen Hawking zusammen ist, Hörsäle aber nur von Harry-Potter-Filmen kennt? Wir müssen also aktiver werden als Eltern.
Der 8BitJunior ist schon Zwei. Zeit, ihn in allen gesellschaftlichen und leistungsorientierten Kurse zu immatrikulieren, die die moderne Gesellschaft zu bieten hat. Auf dass er bei seinem Abschluss den berühmten schwarzen Doktorhut in die Luft wirft und ruft »Und Danke an meine Eltern, ohne die ich niemals den Nobelpreis gewonnen hätte. In Physik UND Literatur«.
Diese Kurse haben wir für ihn herausgesucht:
1. Schützenverein »Kleinkaliber«
Was Millionen Amerikaner lieben, kann nicht falsch sein. Eine Knarre in der Hand steigert das Selbstwertgefühl, das Verantwortungsbewusstsein und das Urteilungsvermögen. Ist man dabei in der Gruppe, macht es doppelt Spaß. Und säuft man dabei ein Herrengedeck nach dem anderen, vier Mal so viel. Acht Mal so viel, wenn man ein Baby ist, denn sie sind strafunmündig, wenn sie doch mal versehentlich danebenschießen.
2. Babylieder in vier Sprachen
Bilingual aufwachsen ist ja so Neunziger. Damit alle vier Hirnlappen gleichermaßen gefördert werden, singen Babys Aramsamsam auch auf Spanisch, Finnisch und Japanisch. Wer langfristig plant, plant besser. So steht einem ausgedehnten Au-pair-Aufenthalt auch in Fernostasien nichts im Wege.
3. Baby-Modelling
Nochmal die Amerikaner, denn was eine so mächtige Nation vormacht, lädt zum Kopieren ein. Mit der bekannten TV-Serie »Toddlers und Tiaras« zeigen die Weltfriedenerhalter, wie man schon früh eine Modelkarriere plant und durchführt. Die deutsche Kurskopie »Krabbler im Korsett« folgt strengeren europäischen Richtlinien, stellt eine psychologische Begleitung bereit und sorgt sofort für ein Verfremden des Gesichts, wenn Tränen fließen. Auch lernen die Kleinen in »BWL für Vorschul-linge« früh die Bildung von Rücklagen, um ggf. Therapien gegen Haltungsschäden, Drogenentzug und Egoknacks zahlen zu können, wenn die Karriere mit fünf Jahren vorbei ist.
4. Japanische Business-Etikette für Babys
Chopsticks im Brei stehen lassen oder auf die Schüssel legen? Unpünktlich sein, weil die Windel voll war? Direkter Blickkontakt? Babymädchen vorkrabbeln lassen? Sich selbst Quetschi nachschenken? Das sind alles Todsünden im Land der aufgehenden Sonne, nicht nur für Erwachsene. Nihonphile Babys und Babys, die als Erwachsene irgendwann in Tokyo Karriere machen, lernen die Regeln besser so früh wie möglich.
5. Schauspieltraining für Baby
Vorsicht Falle! Die Anbieter von Baby-Schauspielunterricht trennen sich in zwei Lager: Echte Flashdance- und Chorus-Line-Kurse, die die Kleinen früh ans Showbusiness heranbringen und Betrüger mit »Kursen« ohne Erfolgsgarantie, die einem nur das sauer erwindelwechselte Elterngeld aus der Tasche ziehen wollen und mit den kleinen Talenten sinnlose Zeit mit Spielen und Verkleiden und Spaß verbringen. Ts ts.
6. Bloggen für Babys
Baby-Influencer sind noch eine Nische, aber mit unglaublich großem Potential. Denn: Es gibt viele Baby-Followers, die noch ohne sympatische Influencer-Vorbilder im Produkt- und Konsumwald herumirren. Die Themen sind uferlos. Wie gesund ist Sand wirklich? Die 10 besten Verstecke für Puzzleteile und Autoschlüssel. Von Ignorieren bis Weinen — die besten Arten Nein zu sagen. Aber auch Babyblogger müssen Multitalente sein und das lernt man in solche Kursen: WordPress aufsetzen, Facebook-Marketing, Google-Analytics- und Matomo-Analysen und Zusammenstellen des Mediakits wollen geübt sein. Bonus: Schon im Kurs lernen die Babys ihre ersten Blogger-Kollegen kennen und starten ihr Netzwerk.
7. Abstilldiät
Nach dem Abstillen fallen viele Babys in tiefe Depressionen. Das kompakte Wochenendseminar zerstört die Ängste vor neuen Nahrungsmitteln, und zeigt den Kleinen alle Saugalternativen auf. Faustregel: Wer zwei Jahre durchgehalten hat, will nie wieder gestillt werden.
8. Single-Baby-Reisen
Auch Babys suchen soziale Kontakte und mögliche Partner, können das aber aufgrund ihrer beschränkten Möglichkeiten, zu reden oder zu schreiben oder jemanden zu einem romantischen Dinner einzuladen, nicht ausleben. Wir packen das 8BitBaby auf eine Kreuzfahrt mit 775 anderen Babys. Das ist gar nicht mal so teuer, denn er ist noch viel zu kurzsichtig für sensationelles Sightseeing – die Ostsee reicht völlig. Oder der Muggelteich hinten in Omas Garten.
9. Tanzkurs für Babys
Da muss man nicht erst warten, bis das Pubertier, oh nein ich kann das Wort nicht mehr sehenhören, bis der Teenager die Hormone nicht mehr bei sich halten kann. Wer schon als Baby anfängt zu tanzen, kann sich besser konzentrieren und sieht das Tanzen nicht nur als Vorspiel, sondern als Kunstform, die sich später zu ordentlichen Theater- und Operkarrieren ausbauen lässt. Die absolute Körperbeherrschung steht bei diesen Kursen im Vordergrund, da darf dann auch mal gerne mit dem Rohrstock die Rückenlinie korrigiert werden. Profi-Tipp: Parallel dazu buchen Sie für sich am besten Manager für Theaternachwuchs und eröffnen ein Konto auf den Bermudas.
10. Hallo, nimm mich wahahr!!!
Babys haben’s schwer. Sie schreien sich die Hälse wund und sehr sehr selten reagiert mal einer der Erziehungsberechtigten oder ein Vertreter des Jugendamts. Dabei gibt es zahlreiche erfolgreiche alternative Möglichkeiten, um Aufmerksamkeit gewinnen. Zum Beispiel durch Aufnahme extrem vieler Ballaststoffe, extremes Ziehen an allen Dingen, die irgendwo stehen oder hängen, oder auch einfach nur mit dem Kopf gegen Möbeldinge zu stoßen. Dieser Kurs berücksichtigt die motorischen Fertigkeiten der Teilnehmer, denn wer schon gehen oder sogar Hochklettergegenstände an andere Orte verschieben kann, erweitert das Repertoire um ein Vielfaches. Achten Sie deshalb bei der Anmeldung besonders auf die Altersgruppenangabe.
Wir haben inzwischen all diese Kurse besucht und festgestellt, dass der eine oder andere Unterricht dem Kleinen schon jetzt in der Kita und Zuhause viel nützt. Mit dem Sprachentraining unterstützt er beispielsweise die Kita-Betreuer tatkräftig, da es sich um eine Multikulti-Tagesstätte handelt. Und Kochen war sowieso schon seine Leidenschaft – jetzt weiß er trotz kleinkindtypischer feinmotorischer Probleme, wie man mit einem rasiermesserscharfen Santoku Karotten zu Juliennes verarbeitet. Währenddessen dokumentiert er seine Kochkünste mit einer Vlogging-Kamera und avanciert Schritt für Schritt zum YouTube-Star. Seinen fünf-Jahre-Business-Plan hat er freilich auch schon eingereicht.
Endlich endlich können wir die Füße hochlegen. Nur das selbstständige Windelwechseln klappt noch nicht. Wäre doch gelacht, wenn wir dafür nicht auch noch einen Kurs finden?
Euer 8BitPapa