Schon zwei Monate im Land der Lebenden und der Kleine kann immer noch nicht laufen oder sprechen. Wie lange soll das so weitergehen? Doch, den Namen eines Simpsons-Charakters kann er sagen: »Abu« – das war’s. Auf der anderen Seite beobachten wir eine deutlich erhöhte Aufmerksamkeit des Kleinen. Und damit steigt der Anspruch auf eine interessanter gestaltete Umgebung, sprich, neuer Babykram muss her: Willkommen bei der »Zweiter-Monat-Liste«.
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Zweifellos, der Kleine nimmt seine Umgebung deutlicher wahr, fokussiert zielgerichtet, studiert Dinge um ihn herum für mehrere Minuten und blickt nicht nur verwirrt und hektisch in alle Himmelsrichtungen, als wolle er einen berühmten Soul-Sänger nachahmen.Wir fühlen uns deshalb in der Pflicht, seine Umgebung anspruchsvoller zu gestalten. Denn das können wir durch eigene empirische Untersuchungen bestätigen: Wir haben das Gefühl, je interessanter seine Aktivitätsphasen, desto ruhiger und tiefer schläft er später. Außerdem hilft das Umgebungs-Upgrade mit neuen Spielsachen und Things-to-do, selber zurechnungsfähig zu bleiben und nicht im kognitiven Limbo zu enden. Was war also wichtig, im zweiten Babymonat:
1. Baby-Mobile und andere baumelnde Dinge
Bespaßungsdauer: 21 Minuten in 3‑Minuten-Segmenten
Ich hatte es nicht für möglich gehalten. Aber die Kombination Baby auf Rücken auf Couch legen und Mobile vor die Nase hängen (nein, nicht das Telefon, sondern bunte Dinge an dünnen Stangen), funktioniert tadellos. Es befriedigt anscheinend nicht nur, bunte Alienvögel vorbeiflitzen zu sehen, sondern auch die Motorik wird motiviert und aktiviert: Der Kleine rudert wie verrückt mit Armen und Beinen, als möchte er auf einen Baum klettern, um dem Stoffgeflügel persönlich die Federn auszurupfen. Einziger Haken: Das Mobile funktioniert besser, wenn es sich bewegt. Da sich bei mir alle Federn aufstellen, ein Mobile mit Elektromotor zu kaufen, muss ich also selbst alle drei Minuten Hand anlegen. Auch eine motorische Übung – für mich. Und eine Konzentrationsübung, rechtzeitig vom Handy aufzublicken.
Vom Erfolg des kommerziellen Produkts (Affiliate-Kauf-mich-Beispiel) motiviert, machte ich mich übrigens gleich daran, ein eigenes, noch cooleres Mobile zu bauen. Kam aber bei weitem nicht so gut an – waren die angehängten USB-Sticks nicht bunt genug? Wer weiß das schon.
Abseits des Mobiles, das den Keplerschen Gesetzen folgt, sind chaotisch baumelnde Dinge übrigens immer eine tolle Sache, egal wo. Allerdings sollten sie irgendetwas Besonderes an sich haben, sich ggf. sogar greifen lassen. Zum Beispiel: Stofftier mit Augen, ein Objekt (egal) mit eingenähter Knisterfolie, oder Glöckchen, Minihupen, D&D‑Würfelset oder Hamster.
2. Mund
Bespaßungsdauer: 2 Minuten
Eine überraschend günstige Unterhaltungsform, wenn auch mit kurzer Dauer, weil man sonst wahnsinnig wird: Mit dem eigenen Mund lassen sich Geräusche produzieren, die Babys nicht nur in den Bann ziehen, sondern auch die ersten Lächel-Baby-Steps (Hahaha) produzieren.
Ganz vorne dabei: »PFSBSTH«
Dicht gefolgt von: »BPBPBPBPBP«
Dritter Platz: das japanische Partikelalphabet »A, I, U, E, O, KA, KI, KU, KE, KO, SA, SHI, SU, SE, SO […]« (Alternative: den Sushi-Flyer vorlesen)
3. Krabbeldecke
Bespaßungsdauer: 5–30 Minuten
Hier könnte auch »Fußboden« stehen, eine Krabbeldecke vermittelt aber die Illusion von Hygiene. Sie verfügt über zwei Use Cases:
- Rückenlage: Das Baby liegt auf dem Rücken (ohne Spielzeug, das baumelt) und starrt minutenlang an die Decke. Ich weiß noch nicht warum, aber es funktioniert. Vielleicht eine Art Meditation oder Tagträumen.
- Bauchlage: Für erste Robbversuche und die Stärkung der Nackenmuskulatur. Wenn ihn sehe, wie er wie ein Fisch aus dem Wasser, wie ein Frosch ohne Traktion, voranzukommen versucht, meine ich vielversprechende Fortbewegungsansätze zu erkennen. Dann noch das Lieblingsspielzeug vor die Nase (wie gemein) und, wer weiß, wenn man das zwei Monate durchhält, klappt’s dann irgendwann mal mit dem Robben.
4. Babywippe in Tischhöhe
Ruhigstelldauer: 25 Minuten
Dass wir eine Zeitlang asynchron zu Abend essen mussten, ging uns gewaltig gegen den Strich. Irgendwas war ja immer, Bespaßung, Windelnwechseln, in den Schlaf wiegen oder Füttern. Aber seit wir den Kleinen auf einer aufgebockten Babywippe an den Esstisch heranschieben, erhalten wir fast eine halbe Stunde gemeinsame Quality-Dinnertime. Bonus: Die Mahlzeiten haben dieselbe Temperatur.
Er beobachtet dann begeistert die für ihn unverständlichen Konzepte der Nahrungskonsumierung: das Schneiden mit dem Messer, das Häufen mit der Gabel, das Kauen und das Sprechen mit vollem Mund. Überhaupt ist er fasziniert, wenn wir beim Abendessen viel quatschen, wie es die Franzosen tun. Allerdings brauchen die Franzosen dafür auch zwei Stunden und viel Rotwein. Luxus, den wir uns nicht leisten können.
Dinnerfazit: Am besten eignen sich Gerichte, die man zur Not einhändig verzehren kann. Damit ist die Linke ggf. frei zum Bauchkraulen, Schnullerreinstecken oder im Arm wiegen.
Spät erkannten wir, dass die Babywippe auch nützlich ist, um anderen Haushaltsaktivitäten nachzukommen (Zitat aus der 2. Woche »Brauchen wir sowas?«). Putzen hier, kochen da, Bett aufschütteln, oder Dinge von A nach B tragen, damit Böden und Tische wieder frei sind. In all diesen Fällen beobachtet das Baby mit hoher Aufmerksamkeit und Überwältigung. – Aber eben nur 25 Minuten lang. Deshalb ist die Wohnung voll mit halben Sachen. Mit halb aufgehängter Wäsche, halb gestaubsaugtem Boden, halb ausgeräumten Einkaufstüten, halbgaren Nahrungsmitteln und halb gegessenem Essen. Halt, nicht ganz: Beim Essen gibt es mittlerweile verschiedene Geschwindigkeiten, Gänge, wenn man so will, um zum Ende zu kommen: (1) Dinieren und (2) Stopfen.
5. Bluetooth-Lautsprecher
Bespaßungsdauer: 10 Minuten
Frau 8BitPapa kommt aus einer Familie, in der man singt. Nicht nur zu Weihnachten oder zum Geburtstagsanruf, sondern auch mal so. Unter der Dusche, nach dem Abendessen oder mit kleinen Menschen. Das gefällt unserem Nachwuchs freilich außerordentlich gut. — Ich dagegen, ich singe nur, wenn ich betrunken bin. Das geht jetzt aber nicht mehr wegen des Babys. Kompromiss: Ich spiele Musik. Ab. Ein billiger 30-Euro-Bluetooth-Lautsprecher tut’s (Affiliate-Kauf-mich-Beispiel – genau den haben wir, klingt super). Dann das Handy, Verzeihung, das Smartphone pairen, und ein bisschen durch YouTube surfen (Vorsicht mit der Werbung!). Meine Favoriten sind derzeit die Rockaby-Baby-Lieder, hier z. B. Queens Bohemian Rhapsody: https://www.youtube.com/watch?v=j774SpbIBIQ
6. Flaschenbürste
Ist nicht unbedingt ein besonders spaßiges Spielzeug. Aber sogar diejenigen, die genügend Muttermilch parat haben, kommen um das gelegentliche weitergereichte Fütterfläschchen nicht herum. Ich schiele auf Euch, Papas, die zur 2‑Uhr-Stillschicht verdonnert sind. Mit der Zeit werden die in den Muttermilchverfütterungsprozess involvierten Gefäße aber doch recht siffig, nach wiederholtem Abkochen scheint immer noch ein Belag übrig zu bleiben, und mit dem Schwamm kommt man nicht überall hin.
Meet the Flaschenbürste!
Ein handliches Reinigungsbürstenwerkzeug, einer Klobürste nicht unähnlich, aber für die Küche und kleiner. Wer erstmal eine Flaschenbürste besitzt, der erkennt ihren wahren Wert. Denn auf einmal sind auch andere Objekte des Alltags im Nu gesäubert: Teekannen, Kaffeekannen, Gießkannen, Gewürzgläschen, Abflüsse, Wasserhahnfilter, Tastaturritzen, USB-Anschlüsse, Einspritzventile und Zahnlücken. Und so sieht eine echte Flaschenbürste aus:
7. Schubladen
Zu. wenig. Platz. am. Wickeltisch. Das Problem ist, dass wir faul sind. Und gerne alle Babyklamotten in Reichweite der Windelarena hätten. Um nicht erst hinter ins Kinderzimmer laufen zu müssen, durch Schubladen zu wühlen, dann wieder vor, um festzustellen, dass der Kleine inzwischen gelernt hat, sich umzudrehen und vom Wickeltisch zu stürzen. (MC Midwife-correct: Wir würden unser Baby natürlich nie unbeaufsichtigt auf dem Wickeltisch… jadajadaja.) Also gingen wir dazu über, unsere Waschmaschinenwickellösung© mit einfachen Plastikschubladen zu erweitern. Ich bin gespannt, wie die Wickelecke in einem halben Jahr aussieht.
»Ich selbst hab ihr nämlich ‚ne ganze Menge Extras eingebaut.«
8. Alle Kleidung nochmal neu
Wer hätte das gedacht? Das Baby wächst! Und zwar schneller als unsere Prozessmodellierung das vorgesehen hatte. Der angesammelte Kram Größe 54 kommt schon an seine Grenzen. Die Folge: Der coole Overall mit den Bartvarianten (Affiliate-Strampler) wurde nur drei Mal getragen und ist jetzt schon zu klein! Retrospektive hatten/haben wir von einigen Kleidungsstücken dann doch zu viele, aber wer blickt bei den geerbten, geschenkten und selbst gekauften Klamotten noch durch? Erst letzte Woche entdeckten wir eine vor einem halben Jahr unter dem Elternbett ganz hinten deponierte Kiste. Zufällig, beim Herbstputz. Aufschrift »62«. Na super!
Nachtrag: Ich gebe zu, ich habe Frau 8Bitpapas Textilsortiersystem noch nicht verstanden (wollen). Eine Art Synapsenblockade, wie beim Wäschewaschen/Wäschetrennen. Irgendwo zwischen Sockenbox und Strumpfhosenlade habe ich den Anschluss verloren, vermutlich weil das System in mir den Eindruck erweckt, als wachse es täglich und organisch. (Die ein bisschen zu großen Sachen sind jetzt zwei Etagen weiter unten, die gerade zu klein gewordenen ganz links, glaube ich. Ne ne, nicht beim Wickeltisch, sondern hinten im Kinderzimmer.)
9. Windeltasche
Es ist ja allgemein bekannt, dass Frauen immer und überall gegeneinander wetteifern. Abgesehen vom üblichen Vaginaweitenvergleich und den niedlichsten und teuersten Stoffmustern, führt nichts an der Babygegenüberstellung vorbei. Dazu treffen sich insbesondere frischgebackene Mütter jeden Dienstag im Stillcafé unten an der Ecke, mit kubanischen Sandelholzräucherstäbchen und einem Kasten Pumpkin-Spice-Latte. Sie fluchen über ihre Männer, prüfen, wessen Nachwuchs den Kopf in Bauchstellung am höchsten heben kann und lassen die Babys um die Wette robben. Und sie stimmen ab, wer denn die schönste Windeltasche besitzt.
Zweifellos besitzt Frau 8Bitpapa die schönste Windeltasche. Denn wir haben sie selbst gemacht. Wühlten uns eigenhändig durch die Stoffreste von Stoffresteläden, bestellten Unmengen an Nähmaschinennähnadeln, weil das dann doch Baumwolle war und nicht Jersey oder Jeans oder ach keine Ahnung. Und enträtselten in so mancher durchgemachter Nacht die kryptischen Prozessschritte dieses heißdiskutierten Ablaufplans: //naehte-von-kaethe.blogspot.de/2014/09/windeltasche-selber-nahen-tutorial.html – Das Ergebnis lässt sich sehen, zwei Mannfrauwochen später sah unser DIY-Projekt fabulös aus:
Dann amazonten wir mal nach Windeltaschen und stellten fest, dass sie nur 15 Euro kosten. ?
10. Spucktücher
Muss ich dazu noch irgendetwas sagen? Aber keine Sorge, keine neuen. Wir kommen mit den 50 im ersten Monat angeschafften Spucktüchern noch hervorragend zurecht. 50 sind übertrieben, zehn genügen? Keineswegs, ich weiß wovon ich rede und wer etwas anderes behauptet, lügt und hat die Ein-Monats-Liste noch nicht studiert.
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Ich kann mir nicht vorstellen, dass sich für den dritten Monat etwas Fundamentales an dieser Ausstattung ändert. Klar, der kleine Knopf wird ein bisschen wachsen (und bald passt ihm endlich der Stormpooper-Strampler), deshalb braucht er aber noch lange nicht seinen eigenen PS4-Controller. Oder doch? Aber für welches Couch-Coop-Spiel — mit zweieinhalb Monaten? Divinity? Trine? Rocket League? Ha, ich weiß: Rock Band, da kann er weiter »Abu« und japanische Partikel üben. Wenn er nur das Mikrofon halten könnte.
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An alle Eltern: Ich bin neugierig, sieht eure Zwei-Monats-Liste genauso aus? Ähnlich? Haben wir etwas vergessen? Etwas wirklich wirklich Wichtiges, ohne das die kognitive Entwicklung unseres Kleinen bei zwei Monaten stehen bleibt?
Haltet durch
Euer 8BitPapa