8BitPapa

Ferienhäuschenurlaub mit einem Zweijährigen in Deutschland

»Hast du Empfang? Bei mir kommt nix.«

Sei­te wei­ter­emp­feh­len oder spä­ter weiterlesen

Papa Tep­pe hun­ter­gehn!«. Der Klei­ne griff mei­nen Zei­ge­fin­ger und zerr­te mich ans obe­re Ende der Feri­en­haus­trep­pe. Die führ­te todes­mu­tig­s­teil nach unten, wie Abschnit­te des Huas­han-Pfads in Chi­na. Denn es han­del­te sich um eine klei­ne platz­op­ti­mier­te Finn­hüt­te. Das ist die Abkür­zung für hygge­li­ges Dach-ohne-Wände-Holz­häus­chen mit Kleinkind-Selbstmordtrep­pe, also eigent­lich Hdowhmkksmt, da strei­ten sich aber die Phi­lo­lo­gen, wie man es aus­spricht. Unser Klei­ner kam gera­de in ein Alter, in dem er nicht jede Sui­zid­mög­lich­keit aus­tes­te­te, son­dern zur Not Trep­pen rück­wärts her­un­ter­rutsch­te. Oder mit lau­tem Impe­ra­tiv Hil­fe her­bei­rief, was mir auch lie­ber war als ein Schädelbasisbruch.

Jedes Jahr mit Kind ist anders

Letz­tes Jahr, in der Zeit t + 8 Mona­te, war ein kroa­ti­scher Feri­en­zim­mer­kom­plex mit Halb­pen­si­on genau das rich­ti­ge für unser Jah­res-Get-away (hier ist nach­zu­le­sen, wie der Urlaub mit 8‑Mo­na­te-Baby funk­tio­niert hat). Rie­si­ges Buf­fet, freund­li­che Men­schen, unkom­pli­zier­te Büro­kra­tie, üppi­ges Buf­fet, Kli­ma nicht zu heiß, nicht zu kalt, und bloß kei­ne Voll­son­nen­strän­de, denn die­ser Tage ist man schlau­er, als die Fami­lie mit Haut­krebs zu infi­zie­ren. Statt­des­sen ein gro­ßes Buf­fet, span­nen­de Aus­flü­ge, abwechs­lungs­rei­che Pro­me­na­den, Pira­ten­höh­len mit Ein­tritt und dschun­gel­haf­te Wan­der­we­ge; und ein gigan­ti­sches Buf­fet. Ganz tol­le Sache. Beson­ders das Buf­fet. Das Kind hat­ten wir immer dabei und so gestal­te­ten wir unse­re Umge­bung so kom­for­ta­bel und ein­fach wie möglich.

Die­ses Jahr woll­ten wir wegen der acht Mil­lio­nen vom Aus­ster­ben bedroh­ten Spe­zi­es, also im Rah­men prak­tisch ange­wand­ter Öko­nach­hal­tig­keit auf einen Flug ver­zich­ten und im hei­mi­schen Deutsch­land etwas aus­pro­bie­ren. Der Klei­ne konn­te mit fast zwei Jah­ren schon ganz gut lau­fen und war schon etwas schlau­er — ganz neue Her­aus­for­de­run­gen. Und da wir als Ber­li­ner Bewoh­ner der Nord­deut­schen Tief­ebe­ne sind und die Gegend vom Spree­wald bis zur Ost­see wie unse­re Wes­ten- und Osten­ta­schen ken­nen, durf­te es durch­aus etwas hyg­ge­li­ger hüge­li­ger wer­den. Wir trau­ten uns Rich­tung Süden: ins Fich­tel­ge­bir­ge, denn Fich­teln sind eine will­kom­me­ne Abwechs­lung zu den end­lo­sen Kie­fer­wäl­dern des Nordens. 

Ob wir gut mit der sauer­stoff­är­me­ren Luft in den obe­ren Gefil­den zurecht­kä­men? Ob wir das Essen ver­tru­gen; dort gibt es ja nur Schweins­bra­ten und Schnit­zel? Ob wir eine kind­ge­rech­te Unter­kunft fän­den, in der wir alle etwas Ruhe bekä­men? Ob wir die Ein­hei­mi­schen ver­stün­den? Sie uns? Immer­hin kamen wir dem Weiß­wur­st­äqua­tor gefähr­lich nahe. Und was, wenn man uns beim Geld­wech­seln betrö­ge? Gab es dort EC-Auto­ma­ten? Spiel­plät­ze? Voll Span­nung erwar­te­ten wir mona­te­lang unse­ren Urlaub im Land der Fran­ken, das nicht Frank­reich heißt.

Gewusst wie: Autoanreise total stressfrei mit Zweijährigem

Wie immer plan­ten wir per­fekt. Das begann schon bei der Anrei­se, denn 400 km galt es mit einem gelie­he­nem Kfz zu bewäl­ti­gen, Goog­le Maps errech­ne­te dafür sat­te vier Stun­den. Für Men­schen ohne Kin­der ist das ein Nach­mit­tags­trip. Für Eltern eines Zwei­jäh­ri­gen aller­dings eine Hoch­ri­si­ko­ak­ti­vi­tät mit zahl­lo­sen poten­ti­el­len Baby­hür­den, und sei es nur, dass der Klei­ne den Trip von Anfang bis Ende mit sehr lau­tem Geschrei boykottierte. 

»Auf kei­nen Fall« dach­te sich Frau 8BitPapa, als wir uns eines Nach-der-Zubett­geh­zeit-Abends hin­ter den Pla­nungs-Lap­tops ver­steck­ten, um Mile­stones fest­zu­le­gen und zu buchen. Der Trip wur­de seg­men­tiert, mit exakt einem Zwi­schen­stopp irgend­wo in Sach­sen-Anhalt, das ist ein teil­sou­ve­rä­ner Glied­staat in der Mit­te Deutschlands.

Geni­al: Die in die Län­ge gezo­ge­ne Rei­se gau­kel­te dem Gehirn ein beson­ders weit ent­fern­tes Rei­se­ziel vor, z. B. Mala­ga. So wür­de sich der Urlaub beson­ders, beson­ders lan­ge und beson­ders exo­tisch anfühlen.

Noch genia­ler: Sie bezog die Kof­fer­pack­pla­nung mit ein und sah einen sepa­ra­ten Klei­dungs­con­tai­ner für die­se Ein­zel­über­nach­tung vor. Vor­bei die Zei­ten, wo man im Dun­keln im strö­men­den Regen ton­nen­schwe­re Kof­fer über die sach­sen-anhäl­ti­schen Stri­cher­bou­le­vards zerr­te. Statt­des­sen bezo­gen wir das son­nen­durch­flu­te­te Zim­mer am roman­ti­schen Flüss­chen mit einer ein­fa­chen Aldi­tü­te. Sowohl ich als auch mein Rücken und mei­ne Knie ver­lieb­ten sich an jenem Abend aufs Neue in die Mut­ter mei­nes Sohns.

Ob die Mit­te Deutsch­lands nun auch so schön war, wie (was liegt noch­mal genau in der Mit­te zwi­schen Ber­lin und Mala­ga?) Lyon, muss jeder für sich selbst ent­schei­den. Für uns ent­pupp­te sich der Ziel­ort als Senio­ren­ge­heim­treff mit einem mit­tel­al­ter­li­chem Klos­ter, einem Eis­ca­fé, einer Bou­tique und einem viel zu früh schlie­ßen­den Restau­rant mit regio­na­ler Schnit­zel­kar­te. Statt Pils gab es Hel­les, die Schnit­zel kamen aber lei­der aus der Tief­kühl­tru­he (mein »Som­mer­schnit­zel« ent­pupp­te sich als ein mit Zahn­sto­cher zusam­men­ge­hal­te­ner Schnit­zel-Bur­ger), die Wes­pen waren so läs­tig wie daheim, die Bet­ten zu klein, die Matrat­zen aber sta­bil und das ver­spro­che­ne Kin­der­bett vor­han­den. End­lich Urlaub! Und der Klei­ne hat­te den gan­zen lan­gen Weg durch­ge­pennt. Herr­lich. So ent­spannt konn­te ein Urlaub mit einem Zwei­jäh­ri­gen sein – wer hät­te das gedacht?

Akklimatinternetisierung

Zur Final Desti­na­ti­on im Fich­tel­ge­bir­ge, das sich gera­de noch so in Bay­ern befand, war es nur noch ein Kat­zen­sprung. Die Hügel wur­den stei­ler, die Wäl­der dich­ter, der Him­mel blau­wei­ßer, die Schnit­zel fri­scher. Das Feri­en­haus­dorf­ge­län­de lag an einem lau­schi­gen See, jede Ein­heit hat­te ein klei­nes Vor- und Hin­ter­gärt­chen und eine Fuß­mat­te mit der Auf­schrift »Haus­schlüs­sel­ver­steck«. Denn man kann­te sich, eine gro­ße fried­li­che Com­mu­ni­ty, in der nie­mand jemand ande­rem etwas Böses wünsch­te. Ein Him­mel auf Erden? (Zu Hau­se wur­de die Ein­gangs­tür wöchent­lich neu getagt, irgend­je­mand uri­nier­te in Kin­der­wä­gen und Bug­gys im Haus­flur und der Hin­ter­hof-Müll­ver­werter­stu­di wur­de zu faul, für ihn nicht ver­wert­ba­re auf­ge­ris­se­ne Rest­müll­beu­tel wie­der in den Con­tai­ner zurück­zu­pa­cken. Ich dach­te eine Sekun­de nach und for­mu­lier­te schon in mei­nem Kopf die Mietkündigung.)

Natür­lich brach­te die unbe­kann­te Infra­struk­tur eini­ge Her­aus­for­de­run­gen mit sich. Wir hat­ten uns ja in den letz­ten Jah­ren radi­kal von Cam­ping- zu Hotel­ur­lau­bern wei­ter­ent­wi­ckelt, und dabei eini­ge Zwi­schen­sta­tio­nen über­sprun­gen. Allein die Exis­tenz einer Win­del­sta­ti­on mach­te das Leben mit Baby zehn Mal ein­fa­cher. Mit so einem Feri­en­häus­chen erforsch­ten wir nun eine inter­es­san­te Welt dazwi­schen, abseits der Extre­me Gemein­schafts­klo vs. All-Inclusive.

Wäh­rend wir im Zelt unse­re eige­nen Haus­re­geln hat­ten und im Hotel nie­mand etwas gegen kaput­te Lam­pen und Rot­wein­fle­cken an den Wän­den zu sagen trau­te (es war Neu­jahr und ein ech­tes Ver­se­hen), über­rasch­te uns im Hdowhmkksmt-Feri­en­haus Lau­scher­see­blick eine immer­hin 20-sei­ti­ge Anlei­tung. Da wur­de alles erklärt, was man als Haus­lei­her im Fich­tel­ge­bir­ge so wis­sen muss. Der Fens­ter­durch­lüf­tungs­plan zur Ver­mei­dung von Schim­mel, die GPS-Koor­di­na­ten der Glas­fla­schen-Recy­cling-Loca­ti­ons am Dorf­rand, der drei­fa­che WLAN-Pass­wort­schutz, in wel­chen Läden man regio­na­le Brief­mar­ken erwer­ben konn­te, wel­che Räu­me von der End­rei­ni­gung aus­ge­schlos­sen waren, dass die End­rei­ni­gung in bar und unnum­me­rier­ten Schei­nen zu bezah­len war, und wo sich der Grill befand — mit dem ein­dring­li­chen Hin­weis, dass man ihn aber aus brand­schutz­recht­li­chen Grün­den nicht ver­wen­den durf­te. Ich lie­be ja Anlei­tun­gen und so lern­te ich erst­mal aus­wen­dig, wo sich die Ret­tungs­aus­gän­ge befan­den und wie man die Schwimm­wes­ten anlegte.

Danach ging es ans Absi­chern des Hau­ses. Baby­proofing, wie der Ange­beran­gli­zist das nennt — ein Pro­zess, der bei uns zu Hau­se drei Jah­re (wir began­nen schon in der prä­na­ta­len Pha­se) suk­zes­si­ves Aus­pro­bie­ren, Ler­nen und neu Aus­pro­bie­ren kos­te­te, ließ sich hier auf eini­ge geziel­te Hand­grif­fe redu­zie­ren: Steck­do­sen ver­ste­cken (Ver­schie­ben des gesam­ten Mobi­li­ars) und spit­ze und ander­wei­tig kindin­kom­pa­ti­ble Objek­te von der unters­ten Ebe­ne (bis 1m) auf Level 3 (obers­te Rega­le) oder 4 (oben auf den Schrank) sor­tie­ren. Da mag mich der eine oder ande­re Leser für para­no­id hal­ten, aber ich hal­te Kor­ken­zie­her, San­to­ku-Koch­mes­ser, Schasch­lik­spie­ße, Kamin­be­steck, Pes­ti­zi­de, Puz­zles, Auf­kle­ber und Stif­te für unge­eig­net für die Hän­de eines Zweijährigen. 

Stif­te?

Jawohl, ich hat­te näm­lich kei­ne Lust mehr, einem Zwei­jäh­ri­gen 24/​7 hin­ter­her­zu­lau­fen, um Wän­de und Türen vom Bemal­t­wer­den aus­zu­schlie­ßen – beson­ders nicht in der Zeit mor­gens zwi­schen 4 und 7. 

Auch an Kis­sen könn­te er ersti­cken, sich in Wäsche­lei­nen zu Tode ver­hed­dern und von der Couch in die Quer­schnitts­läh­mung stür­zen. Alles raus! Die haus­in­ter­ne Trep­pe könn­ten wir ja bald mit einer kniff­li­gen Strick­lei­ter erset­zen. Ach nein, sol­che Model­le bestieg er inzwi­schen auch schon, weil ihn die Spiel­plät­ze (ver­kapp­te Nach­wuchs­trup­pen­übungs­plät­ze) ent­spre­chend trai­nier­ten. Dann instal­lier­ten wir noch Win­del­sta­tio­nen an drei stra­te­gisch wich­ti­gen Orten und gaben uns gegen­sei­tig den Bestens-vorbereitet-Orden.

Jetzt aber end­lich Urlaub! Am gegen­über­lie­gen­den Ufer lag das uns nächs­te rus­ti­ka­le Restau­rant mit einer Goog­le-Wer­tung von 4,5/5, zurecht, denn das Schnit­zel war deut­lich bes­ser als wäh­rend der Anrei­se, kam ver­mut­lich von glück­li­chen frän­ki­schen Kühen. Dem­zu­fol­ge war auch der Räu­ber­tel­ler für unse­ren Klei­nen beson­ders lecker. Bis dann frei­lich die Wes­pen kamen — jetzt aber schnell nach Hau­se, denn nur weil wir im Urlaub waren, wür­de der Klei­ne ja nicht bis 10 Uhr aus­schla­fen. Über­ra­schung: Das Kind schlief in die­ser frem­der Loca­ti­on geruh­sam und unun­ter­bro­chen — in sei­nem eige­nen Zim­mer. Noch ein Abend­stünd­chen auf dem Bal­kon rela­xen und auf Red­dit, SPON und ande­ren News-Aggre­ga­to­ren sur­fen und den Aus­flugs­plan für mor­gen fertigstellen?

»Hast du Empfang?«

»Ne, bricht immer wie­der ab, als ob sich der Rou­ter… bewegt!«

»Mist. Und mobil habe ich nur EDGE. Vol­ler Aus­schlag, kommt aber auch nichts.«

»Ja, selt­sam. Viel­leicht zu wenig EDGE für zu vie­le Hdowhmkksmt-Gäste?«

Eine spä­te Wes­pen­pa­trouil­le über­zeug­te uns schließ­lich davon, dass wir doch schon rich­tig müde waren.

Leben wie ein Fichtelgebirgsianer

Fle­xi­bel auf die Gesamt­si­tua­ti­on reagie­ren, das war das Geheim­nis. Haus, Kind, Wet­ter, Hum­meln im Hin­tern und Wes­pen in den Glä­sern – das alles ließ sich in einer locke­ren Tages­nicht­pla­nung unter­brin­gen, mit der wich­tigs­ten Prä­mis­se: bloß kein Stress. So ver­gin­gen die Tage in neu­er Umge­bung, denn dar­auf kam es an: ande­re Wän­de, ande­re Bet­ten, ande­re Kaf­fee­ma­schi­nen, ande­re Men­schen, ande­re Besu­cher­berg­wer­ke und ande­re Gip­fel­fel­sen­for­ma­tio­nen. Selbst die Luft roch irgend­wie anders, fich­tel­ge­bir­gisch eben. 

Auch das Inter­net war anders: sel­te­ner. Das wur­de zur Her­aus­for­de­rung, weil wir die­se ver­rück­te neu­mo­di­sche Tech­no­lo­gie in der Regel für unse­re Akti­vi­tä­ten­pla­nung ver­wen­de­ten. Am ers­ten Voll­zeit­ur­laubs­tag, ich erkun­de­te mit dem Klei­nen gera­de den phä­no­me­na­len Ufer­spiel­platz, kam Frau 8BitPapa von Ihrer See­schwimm­run­de zurück und erstat­te­te Bericht. 

»Herr­li­ches Was­ser! Und genau in der Mit­te hat­te ich drei GPRS-Bal­ken! Kam aber trotz­dem nichts.«

Und damit wur­de unse­re Inter­net­lo­sig­keit lang­sam zu Pro­blem. Fürs Abend­essen fan­den wir nur ein ein­zel­nes über­füll­tes Restau­rant mit kuli­na­ri­schem High­light: Es war Schnit­zel­mon­tag! Der Laden war so voll, dass selbst die Rau­cher zum Rau­chen vor der Tür anste­hen muss­ten. Einen der­art lan­gen Gastro­auf­ent­hal­ten hat­te ich nicht vor­ge­se­hen und des­halb geschlampt.

»Du hast die Mal­sa­chen vergessen?«

»Oh weh.«

»Du hast die Bücher vergessen?«

»Ver­dammt! Sogar die Kokos­nuss- und Pixelfeenbüchlein.«

»Du hast die Win­del­ta­sche vergessen?«

»Jetzt, wo du es sagst – riechst du das auch?«

Die aktu­el­le Win­del erhielt also einen Belas­tungs­test, und das 8BitBaby muss­te mit Not­ob­jek­ten aus dem Auto Vor­lieb neh­men: Park­schei­be, Ers­te-Hil­fe-Täsch­chen, Rei­fen­wech­sel­kreuz­schlüs­sel, Ziga­ret­ten­an­zün­der, was man halt so dabei hat­te. War­um nicht – sein aktu­el­les Lieb­lings­spiel­zeug daheim war ein 20 Jah­re alter Rührmixer. 

Und so hat­te unser Lieb­lings­kind wie­der einen fan­tas­ti­schen Urlaubs­tag ver­bracht, und schlief spä­ter zu Hau­se per­fekt ein, wie ein Baby, als wäre er im Urlaub. Unser Pla­nungs­de­sas­ter vom Vor­abend wie­der­hol­te sich wäh­rend­des­sen. Mit einer Hand­voll EDGE-Bits und ‑Bytes fan­den wir gera­de noch das Ziel für den nächs­ten Tag: einen Berg! Genau­er gesagt, einen Berg­gip­fel. Dort muss­te es Emp­fang geben, um genü­gend Aus­flugs­ziel-Brow­sert­abs zu öffnen.

Die Ent­täu­schung war gewal­tig. Wir fan­den zwar außer­or­dent­lich span­nen­de Geo­caches, und aßen die wohl leckers­te Schnit­zel­sem­mel nörd­lich der Donau, wäh­rend der Klei­ne auf dem größ­ten moderns­ten Gip­fel­spiel­platz her­um­toll­te. Aber Inter­net­emp­fang? Ich über­wand sogar mei­ne Höhen­angst (eine hal­be Stun­de im Ses­sel­lift inklu­si­ve Not­halt sind nicht lus­tig) und stell­te mei­ne Son­nen­emp­find­lich­keit auf die Pro­be, um mich auf 1024 Metern neben einen Sen­de­mast zu stel­len! Fehl­an­zei­ge. Mit Inter­net­emp­fang hät­ten wir her­aus­fin­den kön­nen, war­um wir kei­nen Inter­net­emp­fang hat­ten: Der Mast war aus­schließ­lich für UKW-Radio und Fern­seh­pro­gram­me des Baye­ri­schen Rund­funks vor­ge­se­hen. 1980?

Auf der Rück­fahrt mach­ten wir an einem zen­tral gele­ge­nen Super­markt halt, um zwei Flie­gen mit einer Klap­pe zu schla­gen: Heu­te Abend woll­ten wir end­lich als Selbst­ver­sor­ger für ein abwechs­lungs­rei­che­res Essen sor­gen. Und ein paar Klein­stadt-EDGE-Bytes hal­fen bei der Mis­si­ons­pla­nung für den nächs­ten Tag. (Lei­der gab es auf­grund eines logis­ti­schen Miss­ver­ständ­nis­ses zwi­schen mir und Frau 8BitPapa noch­mal Schnit­zel (Nach­hal­tig­keit, Son­der­an­ge­bot), aber wenigs­tens frisch, vom loka­len Metzger.)

Auf die­se Wei­se urlaub­ten wir uns von Tag zu Tag. Lek­ti­on: An fol­gen­den Loca­ti­ons gibt es im Urlaub kein Inter­net: an herr­li­chen Feri­en­schwimm­se­en, in Besu­che­rei­sen­berg­wer­ken, in Mais­la­by­rin­then, in Alt­städ­ten net­ter Aus­flugs­klein­städ­te, auf Wan­der­we­gen in allen vier Him­mels­rich­tun­gen (was fata­le Navi­ga­ti­ons­pro­ble­me mit sich bringt), auf Spiel­plät­zen und auf Bergen.

Gegen Ende des Urlaubs, der Klei­ne hat­te sei­nen Spiel­platz­spiel­trieb sicht­lich aus­ge­lebt und die Zeit genos­sen, hat­te ich dann auch nur ein Ziel: Bloß kein Schnit­zel. Mit einer 4,7‑Wertung soll­ten sie in der nächs­ten Loca­ti­on ganz beson­ders gut sein (es han­del­te sich um ein rus­ti­ka­les typisch baye­ri­sches Restau­rant), aber ich ent­schied mich doch lie­ber für ein Cor­don Bleu.

Habt Ihr auch was anderes gemacht, als Schnitzel gegessen?

Da haben wir also wie­der eine gan­ze Men­ge gelernt aus dem zwei­ten ech­ten Urlaub mit Kind. 

  • Im Fich­tel­ge­bir­ge gibt es viel zu erle­ben und zu sehen, die Gegend ist mehr als einen Besuch wert. Trotz­dem ist eine sorg­sa­me gas­tro­no­mi­sche Pla­nung Vor­aus­set­zung für ein glück­li­ches Bei­ein­an­der und eine gesun­de Verdauung.
  • Die Urlaubs­form des Feri­en­häus­chens ist durch­aus klein­kind­kom­pa­ti­bel, wenn man die Möbel- und Deko­ra­ti­ons­re­geln von daheim einhält. 
  • Schil­der am Stra­ßen­rand und klei­ne gefal­te­te Fly­er­chen in regio­na­len Gast­stät­ten wei­sen auf sehens­wür­di­ge Sehens­wür­dig­kei­ten und Akti­vi­tä­ten hin. Wer an einem Berg­werks- und Rodel­bahn- oder Hoch- und Klet­ter­gar­ten­schild vor­bei­düst, soll­te sofort auf die Brem­se tre­ten. Bes­ser wird’s viel­leicht nicht.
  • Wes­pen sind mit Kin­dern um ein Viel­fa­ches ärger­li­cher. Denn es genügt nicht, die geschütz­ten Tie­re zum Tisch­nach­barn zu wedeln, man will sie von der armen Baby­haut fernhalten.
  • Zwei­jäh­ri­ge Kin­der sind über­ra­schend anpas­sungs­fä­hig und urlaubs­tech­nisch zufrie­den­zu­stel­len, wenn: (1) Sie füh­len sich wohl oder es gibt auf­re­gen­de Spiel­plät­ze. (2) Sie sind saumüde.
  • GPS-Gerä­te mit Off­line­kar­ten haben noch eine Daseinsberechtigung. 
  • Der Euro ist woan­ders auch noch etwas wert, bes­ser sind aber Gold­mün­zen. Auch bei der Abreise:

»Halt, halt. Ich kann Sie ned gehen las­sen. Sie müs­sen die End­rei­ni­gung in bar bezah­len.«

»Ach so, ja, eigent­lich hat­ten wir genug dabei, aber kein Restau­rant nahm unse­re EC-Karte.«

»Bei der Bank gibt es einen EC-Automat.«

»Ja wirk­lich? Und da kommt man auch ran?« 

»Ja sicher.«

»Die ist nicht drin, und die Bank hat zu, oder so?«

»Nein, nein, die Bank hat einen EC-Automaten.«

»Und da kommt man auch ran?«

»Ja sicher.«

»Der ist also irgend­wo außen am Gebäu­de, so dass man da auch abends ran­kommt, ja?« 

»Wer?«

»Der EC-Auto­mat. Zum Abheben.«

»Ja sicher.«

»Sicher? Und dann brin­ge ich das Bar­geld bei Ihnen vorbei.«

»Genau. Wir woh­nen do hin­ten am Wald­rand. Am Wald­rand 7. Da wo es zur Schrei­ne­rei abgeht, von do noch ein Stü­ckel wei­ter. Sie wis­sen doch, wenn sie ins Dorf rein fah­ren, dann ist do links ein Schuid, dann kommt eine Stra­ße, von dort gese­hen also links…«

»Äh ja, das bekom­men wir schon hin. Wir machen das über Maps auf dem Han­dy. Am Wald­rand 7?«

»Soll ich’s Eana aufschreiben?«

»Nein, nein, das sehen wir dann, wenn wir dort sind.«

»Hin­ter der Schreinerei!«

Jetzt aber nichts, wie heim.
Euer 8BitPapa

P.S.

»Ruhig, ruhig, heu­te gibt’s lei­der kei­nen Spiel­platz, wir fah­ren doch nach Hau­se. Hier nimm ein Buch von dem blö­den Raben mit sei­ner bescheu­er­ten Socke. …
War­te, fahr nicht so schnell. Hier muss irgend­wo die Schrei­ne­rei sein.
Nicht so schnell! Die Kar­te lädt nicht.«

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