8BitPapa

Ein Papphaus fürs Kind selber bauen – ganz einfach

Pappe, Bastelkleber, etwas Farbe, einige Werkzeuge und ein kleiner weltweit pandemierender Virus für etwas freie Zeit: Daraus wird ein Spitzenbastelprojekt mit dem Nachwuchs.

Sei­te wei­ter­emp­feh­len oder spä­ter weiterlesen

Irgend­wann Anfang des Jah­res hat­ten wir neue Ess­tisch­stüh­le zur Lie­fe­rung bestellt. Weil wir Ess­tisch­stüh­le ungern selbst vier Eta­gen nach oben schlep­pen. Eines schö­nen Tages, es waren erstaun­lich vie­le Mona­te ver­gan­gen, war­um ist das eigent­lich so, wer­den Möbel erst per­sön­lich ange­fer­tigt, wenn man sie bestellt?, kamen die Stüh­le end­lich an.
Und da stan­den nun ihre Beglei­ter: zwei rie­si­ge Riesenkartons.

Was war in die­sem Papp­kar­ton? Zwei Stüh­le oder eine Coro­na-Ladung Klopapier?

Die Kar­tons riefen 

»Ver­stop­fe nicht die Recy­cling-Papier­ton­ne. Baue aus uns ein klei­nes Häus­chen für das Kind.« 

und

»Wir wis­sen, dass du kein Haus bau­en kannst. Mach’s trotzdem.« 

Aber klar!
Und

»Mache dar­aus einen Do-it-yourself-Arti­kel als Inspi­ra­ti­on für ande­re. So wie du vor drei Jah­ren vor der Geburt Eures Sohns das Wand­bild im Kin­der­zim­mer doku­men­tiert hattest.« 

Gute Idee!
Die Kar­tons rede­ten mir zu viel. Ich hol­te das Tep­pich­mes­ser und fing an, sie zurecht zu schneiden.

Belieb­ter Klein­kin­der­auf­ent­hal­tens­ort unmit­tel­bar vor dem Zähneputzen

Back­sto­ry: Der klei­ne 8BitJunior hat­te sich in einer Spiel­ecke mit Steck­plas­tik­bau­stei­nen schon vor Mona­ten eine klei­ne Höh­le ein­ge­rich­tet, die er regel­mä­ßig vor dem Zäh­ne­put­zen, vor dem  Win­deln­wech­seln und vor dem Zubett­ge­hen auf­such­te. Das Ver­ständ­nis und das Grund­be­dürf­nis für das Refu­gi­um war also vor­han­den. Er wür­de das Haus lieben. 

Da ich jun­gen und jung­ge­blie­be­nen Kin­dern bereits in Mine­craft zei­ge, wie man hüb­sche Häu­ser ver­schie­de­ner Archi­tek­tur­sti­le zusam­men­baut (Buch­tipps: Dein Sur­vi­val-Buch, The next Level etc.), lag es auf der Hand, so ein Bau­pro­jekt mal in real-life umzu­set­zen. Statt pixe­li­gen Blö­cken woll­te ich es auf Pap­pe beschrän­ken, also mög­lichst kein Geld für das Bau­ma­te­ri­al aus­ga­ben. Und es soll­te ein gemein­sa­mes Pro­jekt sein, bei dem der Klei­ne Geduld, Lie­be zum Detail und den Fak­tor Zeit ken­nen­ler­nen wür­de. Die Coro­na­kri­se gab uns eini­ge Extra­ta­ge Zeit, aber der Haus­bau soll­te — wie im ech­ten Leben — immer wei­ter und wei­ter­ge­führt wer­den. Ein nie­mals enden­des Pro­jekt. Und ich war über­rascht, wie weit man tat­säch­lich mit Bas­tel­kle­ber (in Mine­craft rech­ter Maus­klick) und Tep­pich­mes­ser (lin­ker Maus­klick) kommt.

So sah das Häus­chen im ers­ten Roh­bau­schritt aus:

Roh­bau — noch ohne Türklinken…

Neben der Pap­pe haben wir die fol­gen­den Zuta­ten und Werk­zeu­ge ver­wen­det. Das meis­te hat jeder in der Bas­tel­kis­te oder in der Werk­zeug­e­cke her­um­lie­gen. Falls nicht, habe ich hier Links mit rein­ge­packt zu Pro­duk­ten, die ich ggf. über Ama­zon bezog. 

  • das aller­wich­tigs­te, ein super­schar­fes Tep­pich­mes­ser: Weg mit den ollen stump­fen Mes­sern, die ich von mei­nem Opa geerbt hat­te, da soll­te mal ein Neu­es her. Eines zum Zuklap­pen (https://amzn.to/2Z2fR5Q), falls ich es mal irgend­wo lie­gen­lies und jemand das Werk­zeug erfor­schen wollte.
  • Bas­tel­kle­ber: ein Liter hat­te gera­de so gereicht (trotz der Grö­ße gut zu grei­fen: https://amzn.to/2YusxmE). Über­ra­schend ein­fach hand­zu­ha­ben und hält bombenfest. 
  • Panzerband/​Gewebeband/​Gaffa zum Fixie­ren (https://amzn.to/3g4zyAX), manch­mal auch anstel­le des Bas­tel­kle­bers. Vor­sicht: Wand­far­be haf­tet auf die­sem Band nicht beson­ders gut, man kann spä­ter aber gut deko­ra­ti­ve Ele­me­ne daraufkleben.
  • Ord­ner­tren­ner: Dach­schin­deln für ein gesam­tes Dach für unter 3 Euro (https://amzn.to/37Wq7jT).
  • zwei Sche­ren: eine für den Klei­nen, damit er mit die­sem Pro­jekt lernt, zu schnei­den (der Klei­ne stel­le sich mitt­ler­wei­le als Links­hän­der her­aus, dar­um die­ses Werk­zeug: https://amzn.to/37Twpkv). Und eine für die Gro­ßen, du mei­ne Güte ist das ange­nehm, mal mit neu­en Klin­gen zu schnei­den (https://amzn.to/2CEvkl7).
  • Far­be: steht ja eigent­lich noch im Kel­ler, ein­fach neh­men, was noch übrig ist (ja, ganz nor­ma­le Wand­far­be: https://amzn.to/2Nqmtp2 — ich habe eine wei­ße Far­be genom­men, mit der ich auch ande­re Indoor- und Drau­ßen­mö­bel immer wie­der mal etwas nachbessere).
  • Schraub­zwin­gen, Wäsche­klam­mern: Denn den Bas­tel­kle­ber lässt man lie­ber gemüt­lich allei­ne vor sich hin trock­nen, wäh­rend man mit dem Nach­wuchs Ball spie­len geht. (https://amzn.to/37Wztfy — sie soll­ten mög­lichst breit sein; die Wäsche­klam­mern sind sowie­so mul­ti-pur­po­se: https://amzn.to/37WbixI)
Tipp: Über den Klein­kin­der­haus­bau las­sen sich pri­ma neue Werk­zeu­ge und Bau­stof­fe ins Haus­halts­bud­get schmug­geln, ohne dass der Part­ner etwas dage­gen sagen kann. Ich lie­e­be das neue Teppichmesser!

Die Pap­pe, in der das alles gelie­fert wur­de, hob ich frei­lich für den Aus­bau und eini­ge Details auf. Ha ha ha, aus­ge­trickst. Wenn die gewusst hät­ten, dass sie mir das Bau­ma­te­ri­al kos­ten­los zuschicken. 

Die groben Schritte

  1. Roh­bau
  2. Dach
  3. Fenster/​Türen
  4. Deko

Eini­ge inter­es­san­te Noti­zen zum Zusammenbau:

Rohbau

Eigent­lich soll­te alles ganz sim­pel wer­den. Die zwei Rie­sen­kar­tons der Stüh­le irgend­wie zusam­men­kle­ben (mit Pan­zer­band fixie­ren und zwei auf­ge­schnit­te­ne Sei­ten über­lap­pend zusam­men­kle­ben, um das Haus zu ver­grö­ßern) und ein V‑Dach drau­set­zen, fertig. 

Da kam zwi­schen­durch die Idee, die Außen­wand auch gleich weiß zu strei­chen. Dann sieht es nicht nur aus, wie ein Papp­haus, son­dern macht gleich etwas her. 

Und so fing der Spaß dann rich­tig an.

Um mög­lichst hoch zu bau­en, setz­te ich sepa­ra­te Gie­bel für das Gie­bel­dach auf die Gie­bel­wän­de (vor­ne und hin­ten). Damit die­se sta­bil wären, hät­te ich ger­ne eine Rie­sen­papp­flä­che gewählt, die gesam­te Gie­bel­wand zu ver­stär­ken. So ein gro­ßes (und sta­bi­les) Papp­stück hat­ten wir aller­dings nicht mehr. Eine Ersatz­lö­sung muss­te her: Mit zwei brei­ten Papp­schie­nen ent­stand an der unte­ren Gie­bel­kan­te ein von der Außen- und Innen­sei­te ver­stärk­ter Schlitz, in den man den Gie­bel ein­set­zen konn­te. Ich war erstaunt, wie stark der Bas­tel­kle­ber bereits eine Kle­be­flä­che von 8 cm fest­hielt. Es genüg­te, das aus­ge­schnit­te­ne Papp-Gie­bel­drei­eck in den Schlitz zu ste­cken und alles hielt bombenfest.

Risi­ko: Lie­ßen sich die Gie­bel ein­fach zwi­schen zwei Papp­schie­nen ein­set­zen? Ja.

Und gut sah es eben­falls aus: Die­se Füh­rungs­schie­nen waren bereits die ers­ten Schrit­te eines deko­ra­ti­ven Fachwerks.

Gewei­ßel­te Stuhl­kar­tons + dar­über ein­ge­steck­te Gie­bel + Bug­gy-Ver­pa­ckung = Rohbau

Dach

Durch die Grö­ße wur­de das Dach zur Her­aus­for­de­rung. Glück: Ich hat­te den Ver­sand­kar­ton des Bug­gys auf­ge­ho­ben. Wer weiß, viel­leicht war er ja in ein paar Jah­ren noch gut genug in Schuss, dass man in ver­kau­fen könne?

Ist er jetzt schon nicht mehr.

Also kam der Bug­gy-Ver­sand­kar­ton genau rich­tig. Am Auf­le­gen des umge­dreh­ten V soll­te sich nichts ändern, das Dach soll­te jeder­zeit wie­der abge­nom­men wer­den kön­nen, um bes­ser an den Innen­raum zu kommen. 

Das ers­te Auf­set­zen zeig­te ein Pro­blem: Das Dach hat­te bereits ein uner­war­te­tes Eigen­ge­wicht und die Gie­bel und dar­un­ter­lie­gen­de Roh­bau­kon­struk­ti­on gerie­ten unter Span­nung. Schlim­mer noch. Auf­grund einer leich­ten Schrä­ge der Wän­de (die ursprüng­li­chen Kar­tons waren eini­ge Nano­me­ter leicht ver­bo­gen) ent­and Zug in eine Rich­tung — schlimms­ten­falls wür­de das Dach mit Gie­bel irgend­wann auf eine Sei­te weg­klap­pen. Spä­tes­tens wenn der Mini­mie­ter dar­an her­um­zupft, was höchst­wahr­schein­lich war. Für etwas Ent­span­nung sorg­te ein klei­ner First, der den Abstand zwi­schen bei­den Gie­beln innen festigte.

Das genüg­te nicht, das Dach lag schief und berei­te­te mir wei­ter Sor­gen. Zwei wei­te­re, unten auf­ge­kleb­te Schie­nen soll­ten mit dem Gie­bel ver­bun­den wer­den — das wür­de das Dach wie­der in die rich­ti­ge Lage ver­set­zen. Auß­nahms­wei­se ver­wen­de­te ich zur Fixie­rung Schrau­ben, Mut­tern und gro­ße Unter­leg­schei­ben zur Ver­tei­lung der Kräf­te auf die Pap­pe. (Eigent­lich woll­te ich kein Metall einsetzen.)

Bis­lang das ein­zi­ge Metall, um das Dach etwas bes­ser zu fixieren

Und so ging das wei­ter. Es wur­de ein voll­wer­ti­ges Bas­tel­pro­jekt, bei dem ich und wir immer wie­der mal auf Pro­ble­me sto­ßen wür­den, die gefixt wer­den müss­ten. Wie im ech­ten Leben. Die Pro­ble­me waren aber weder kata­stro­phal (das Haus wür­de auch mit schie­fem Dach ste­hen), noch kos­te­ten sie wahn­sin­nig viel Mate­ri­al oder Equip­ment, um gelöst zu wer­den. (Trotz­dem neu­es Loot in die Werk­zeug­e­cke gemo­gelt: Ein neu­er Akku­schrau­ber. Und ein klei­ner Hand­schlei­fer mit aus­wech­sel­ba­ren Schleif­plat­ten. Super­prak­tisch für… Pappe.)

Bei den Schin­deln lern­te der Klei­ne schnei­den. Und Geduld.

Aus 100 Ord­ner­tren­nern für 3 Euro wer­den Dach­schin­deln — Ach­tung: nicht wasserdicht 😆
Mal pro­be­le­gen, wie vie­le Schin­deln wir über­haupt brauchen
Jede zwei­te Rei­he eine hal­be Schin­del ver­set­zen, das sah bes­ser aus
Biber­schin­deln hei­ßen die nach unten abge­run­de­ten wohl; Kle­be­flä­che war nur die obe­re Hälf­te, damit das alles nicht zu platt wird

Türen/​Fenster

Unge­fähr ein­zeich­nen, Tep­pich­mes­ser raus, vor­sich­tig schnei­den, ohne viel Druck aus­zu­üben. Wenn die Ober­kan­ten von Fens­tern und Türen und bün­dig lie­gen, sieht’s bes­ser aus. 

Fens­ter sind so unglaub­lich prak­tisch — sie las­sen Licht her­ein und man kann rausgucken!

Remin­der: Hier wird spä­ter noch eine gan­ze Men­ge Fach­werk ergänzt, um die Fas­sa­de inter­es­san­ter zu gestal­ten. Oder nicht? Over­kill für ein Kin­der­haus? Aber es soll da auch hübsch aussehen?

Deko

Vor die­sem Schritt hören vie­le Kin­der­haus­bau­er auf. Dabei wird mit ein biss­chen Deko­ra­ti­on erst ein glaub­haf­tes Haus aus dem Pro­jekt. Zum Beispiel:

  • Fort­set­zung des nicht nicht exis­tie­ren­den Fun­da­ments aus Bruch­s­tein: Pap­pe­strei­fen in klei­ne stein­ar­ti­ge Blö­cke zurecht­schnei­den und grau­schwarz­weiß anma­len, mit Geduld ankleben.
Das Stan­dard­braun von Pap­pe sieht ja schon ein biss­chen wie Holz aus…
… aber für ein Stein­fun­da­ment braucht es doch etwas Farbe
Viel­leicht ein biss­chen mehr Abstand zwi­schen den Stei­nen; naja, beim nächs­ten Haus
  • Fach­werk drauf­kle­ben: Die ein­fachs­te Metho­de, ein Haus hau­si­ger erschei­nen zu las­sen ist das Her­vor­he­ben der Kon­tu­ren durch höl­zer­nes Fach­werk. Super­prak­tisch: Brau­ne Pap­pe sieht schon ein biss­chen aus wie Holz — kein Malen notwendig.
Die Eck­pfei­ler des Hau­ses, das Fach­werk mit Möbel zur Trockungsfixierung
  • Kan­ten ver­schö­nern: In die­sem Fall die Rän­der des Daches umkle­ben für eine sau­be­re Kontur.
Die Schin­deln außen umklap­pen und unten fest­kle­ben; in Level 2 kom­men viel­leicht noch sepa­ra­te Abgren­zungs­schin­deln darauf
  • Ein Brief­kas­ten anbrin­gen. Denn das Haus macht noch mehr Spaß, wenn es zu inter­ak­ti­ven Spie­len einlädt. 
Brief­kas­ten: Jetzt an der Sei­te auf­schnei­den und in ein Loch in der Haus­wand montieren

Inneneinrichtung

Bis­lang erst nur ein Tep­pich. Hier wird es noch­mal spannend.

Der Innen­aus­bau wird noch­mal span­nend. Zum Glück lässt ich das Dach abnehmen ;).

Fazit bis jetzt

Das Pro­jekt ist ein Rie­sen­er­folg und hat bis­her allen einen Rie­sen­spaß gebracht. Wich­tig war, sich Zeit zu las­sen und tat­säch­lich den alten Spruch »der Weg ist das Ziel« aus­zu­le­ben. Wochen­lang wur­de ich vom Klei­nen immer wie­der mal ein­ge­la­den »Papa, Haus wei­ter­bau­en?« Weil ich einen Büro­job habe, war das auch hand­werk­lich eine spa­ßi­ge Her­aus­for­de­rung für mich, und der Juni­or hat so viel gelernt: 

  • Dach decken dau­ert lange. 
  • Gute Vor­be­rei­tung spart bei der Instal­la­ti­on Ärger. 
  • Kle­ber braucht sei­ne Zeit, bis er hält. 
  • Stei­ne und höl­zer­ne Rah­men brin­gen Sta­bi­li­tät ins Haus. 
  • Brauchst du Licht, fra­ge Papa, ob er dir ein Fens­ter schneidet. 
  • Räu­me dei­ne Bude auf, sonst kommst du nicht mehr rein. 
  • Außer­dem hast du jetzt einen eige­nen Ort, wo du unge­stört pup­sen kannst.

Abkürzung

Wer kei­ne Zeit für das Pro­jekt hat, nimmt eine Abkür­zung: https://amzn.to/31f5j5U. Da wäre ich aber neu­gie­rig, wie groß die Papp­schach­teln sind, in denen das Fer­tig­papp­haus gelie­fert wird. Viel­leicht genug Mate­ri­al für eine zwei­te Etage…?

[8bp]

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